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Gemeinsame Finanzkommission

Land und Kommunen vertagen Gespräche über Finanzen

Die gute Nachricht: Die Gemeinsame Finanzkommission von Bund und Kommunen hat sich in der Vergangenheit noch immer geeinigt. Die schlechte: Diesmal sind die Herausforderungen besonders groß und die Spielräume besonders knapp. Trotz Zeitdruck soll erst im Herbst wieder verhandelt werden.

Aufgaben wie Mobilität belasten die Kassen der Kommunen. Die Finanzverhandlungen gestalten sich deshalb besonders schwierig.

IMAGO/Arnulf Hettrich)

Stuttgart. „Die Haushaltslage der Landkreise ist bereits mehr als angespannt und wird sich ab dem Jahr 2025 dramatisch verschlechtern“, prognostiziert Alexis von Komorowski, der Hauptgeschäftsführer des Landkreistags, auf Staatsanzeiger-Anfrage. Die Hauptursache dafür liege darin, dass in den vergangenen Jahren die gesetzlichen Pflichtaufgaben der Landkreise munter ausgeweitet wurden und die Erledigungskosten aus bestehenden Pflichtaufgaben explodiert sind, ohne dass es dafür einen auch nur annähernd ausreichenden finanziellen Ausgleich gegeben hätte. Beispielhaft zu nennen sind der Bereich der Eingliederungs- und Jugendhilfe sowie der Krankenhausbereich, aber auch ganz aktuell die Umsetzung des Staatsangehörigkeitsgesetzes.

Ein „eindringlicher Appell“ liegt seit Monaten auf dem Tisch

Ein „eindringlicher Appell“ (Städtetagspräsident Frank Mentrup) liegt seit Monaten auf dem Tisch. Städtetag, Gemeindetag und Landkreistag Baden-Württemberg sind im Mai an die Öffentlichkeit gegangen, um deutlich zu machen, dass den Kommunen „in den vergangenen Jahren immer neue Aufgaben übertragen und bestehende Aufgaben erheblich ausgeweitet wurden“. Ohne sachgerechte Finanzierung, und mit der Folge, dass immer mehr Städte und Gemeinden keine ausgeglichenen Haushalte vorlegen könnten. Als Stichworte wurden neben Flucht und Migration die Bildung, Betreuung und Inklusion, Mobilität, Wärmeplanung oder die Situation in vielen Klinken in Baden-Württemberg genannt.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) reagierte verschnupft. Alle müssten einsehen, „dass nicht alles ausfinanziert werden kann“, behauptete er. Das Land könne Geld nicht ausgeben, „das wir nicht haben“. Und: „Wir stehen alle unter Druck.“ Außerdem nannte er gegenseitige Schuldzuweisungen in Pressekonferenzen und unerfüllbare Forderungen „nicht zielführend“. Die Gemeinsame Finanzkommission sei das Format, „um solche finanziellen Fragen zu besprechen, denn über Pressekonferenzen kann nicht verhandelt werden“.

Nächstes Treffen erst nach der Sommerpause geplant

Die Gemeinsame Finanzkommission von Land und Kommunen kommt allerdings auch nicht weiter. Nach Angaben des Finanzministeriums ist das nächste Treffen erst nach der Sommerpause geplant. Dabei hatten die Präsidenten der drei Verbände dagegen darauf gedrängt, dass die Landesregierung zügig ihre Verantwortung wahrnehme „und geeignete Schritte geht, um die Kommunen zu stärken und ihre Handlungsfähigkeit zu sichern“.

Genau deshalb wurde die Kommission 2007 gegründet. Und immer wieder meinten frühere CDU/FDP-Landesregierungen, „den gordischen Knoten durchschlagen“ zu haben, wie sich der verstorbene frühere FDP-Fraktionschef Ulrich Noll im Oktober 2006 freute. Damals kündigten Ministerpräsident Günther Oettinger und Finanzminister Gerhard Stratthaus (beide CDU) an, dass neue Aufgaben den Kommunen künftig nur noch bei entsprechendem finanziellen Ausgleich übertragen werden. Sogar eine Vereinbarung zur „Stärkung der Vertrauensbasis“ wurde unterzeichnet und die neue Kommission eingerichtet. Die arbeitet bis heute – schlussendlich – immer erfolgreich, während „das große Versprechen“ (Oettinger) auf der Strecke blieb.

Kommunen erwarten Nothilfepaket für das Jahr 2024

Deshalb verlangen die Kommunalen Spitzenverbände regelmäßig seit vielen Jahren, eine Reaktion. Von Komorowski spricht vom „entschiedenen Downsizing bei den Pflichtaufgaben“, um der strukturellen Unterfinanzierung Herr zu werden. Dies könne aber allein der Gesetzgeber leisten und nicht die Landkreise, die Gesetze nur vollzögen, aber nicht machten.

Der Landkreistagsgeschäftsführer verlangt außerdem nach konkreten Schritten: „In finanzieller Hinsicht erwarten die Landkreise gemeinsam mit den Städten und Gemeinden jetzt zuallererst ein Nothilfepaket für das Jahr 2024, um bei den Kosten der Geflüchtetenaufnahme, den Defiziten der Krankenhäuser und den Investitionen in die Ganztagsbetreuung an Grundschulen zu unterstützen“.

Hier müsse das Land „schnellstmöglich“ aktiv werden und der kommunalen Familie einen tauglichen Kompromiss anbieten. Auch Zeitablauf und Reihenfolge liegen für Städte, Gemeinden und Kreise auf der Hand. Denn es handele sich, sagt der Hauptgeschäftsführer, „um eine dem Doppelhaushalt 2025/2026 vorgelagerte Notwendigkeit“.

Geflüchtete, Ganztag, Grundschule

Auch im Städtetag Baden-Württemberg wird darauf verwiesen, dass die Komplexe, die beackert werden müssen, bereits auf dem Tisch liegen. Die erste Runde in der Gemeinsamen Finanzkommission hat stattgefunden, Forderungen werden in die Haushaltsberatungen des Landes getragen, wie eine Sprecherin des kommunalen Landesverbands mitteilt.

Nach der Sommerpause würden die Gespräche auch mit den Kommunen fortgesetzt und dann müsse sich zeigen, wie es weitergehe: „Geflüchtete, Ganztagsbetreuung Grundschule und Krankenhäuser sind Themen aus diesem Jahr, die den Kommunen unter den Nägeln brennen und die bereits angesprochen wurden.“

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