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Verfassungsgerichtshof

Für Kommunen bleibt der Handel mit Agrarflächen begrenzt

Wann dürfen Kommunen Ackerland ohne Genehmigung kaufen? Die Antwort gibt das Agrarstrukturverbesserungsgesetz. Das Regelwerk hielt nun einer Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof stand – zum Verdruss der klagenden Kommunen.

Erst wenn eine Bauleitplanung für ein Agrar-Gelände vorliegt, kann eine Gemeinde Äcker genehmigungsfrei kaufen und daraus Baugrundstücke machen. Daran ändert sich laut Gerichtsurteil vorerst nichts.

McPHOTO/B. Leitner via www.imago-images.de)

Stuttgart. Der Verkauf von Ackerboden ist in Baden-Württemberg streng reglementiert. Oft müssen  die Landwirtschaftsämter – also die Fachabteilungen der Landratsämter – entscheiden, ob ein Deal über Felder, die mindestens einen Hektar groß sind, nach dem Agrarstrukturverbesserungsgesetz (ASVG) in Ordnung ist.

Erlaubnisfreier Handel ist selten

Nur selten ist der Dispens überflüssig, etwa wenn der Bund oder das Land beteiligt sind, evangelische oder katholische Kirche oder eine Gemeinde. Für Letztere schränkt das Gesetz die Genehmigungsfreiheit aber ein: Nur wenn es um ein Grundstück geht, für das es eine Bauleitplanung gibt, braucht es keine Genehmigung.

Warum werden Kommunen anders behandelt als das Land?

Das fanden die Städte Meßkirch und Pfullendorf (beide Kreis Sigmaringen) so nicht in Ordnung und klagten konkret gegen Paragraf 4 Nummer 5 ASVG vor dem Verfassungsgerichtshof in Stuttgart. Warum werden Kommunen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben, für die sie Grundstücke brauchen, anders behandelt als Kirche, Staat und Bund, so die Frage.

Landwirte haben meist die Nase vorn

Genehmigungen für Grundstücksgeschäfte seien quasi ausgeschlossen, berichtet Meßkirchs Bürgermeister Arne Zwick (CDU). Gemeinden haben immer dann das Nachsehen, wenn ein aufstockungsbedürftiger Landwirt sein Interesse an der Scholle anmeldet – „Und solche gibt es fast immer“, beklagt Zwick.

Zwang zur Bauleitplanung verteuert Grunderwerb

Bleibt also der Weg über die Bauleitplanung. Das aber macht den Acker zum Bauerwartungsland und damit teuer – für verkaufende Bauern ein gutes Geschäft, kaufende Kommunen, spätere Bauherren oder Mieter müssen tief in die Tasche greifen.

Oftmals geht es nur um Tauschgrundstücke

Dabei geht es oft gar nicht darum, eine strategische Baulandreserve anzulegen. Die Bodennachfrage wachse ständig, so Pfullendorfs Bürgermeister Ralph Gerster (CDU), sodass für die Schaffung von Baugebieten oft weniger der Kaufpreis, sondern eher Tauschgrundstücke den Ausschlag geben. Diese verpachten Kommunen unterdessen zu moderaten Preisen an Landwirte.

Normenkontrollantrag sollte Abhilfe schaffen

Von diesen Problemen getrieben, haben sich die beiden Stadtoberhäupter mit einem Normenkontrollantrag an das Landesverfassungsgericht gewandt, die Politik, so Zwick, habe ja nicht auf die Klagen gehört. Im laufenden Prozess beigesprungen sind die Städte Stockach (Kreis Konstanz) und Mengen sowie Herbertingen (beide Kreis Sigmaringen). Der Verfassungsgerichtshof hat die Klage allerdings als unzulässig abgewiesen und inhaltlich nicht entschieden: Den Kommunen fehle die Klagebefugnis.

Rechte offenkundig nicht betroffen

Rechte der kommunalen Selbstverwaltung seien offenkundig nicht betroffen, so das Gericht. Kommunen seien ja nicht gezwungen, landwirtschaftliche Grundstücke zu kaufen. Außerdem belaste der Preisaufschlag, der mit dem Label „Bauleitplanung“ einhergeht, kommunale Kassen zumindest nicht so stark , dass die kommunale Handlungsfähigkeit eingeschränkt sei.

Willkür nicht ersichtlich

Auf den Gleichheitsgrundsatz können sich Kommunen gegenüber anderen Trägern der öffentlichen Gewalt nicht berufen. Willkürlich könne die Regelung nicht sein, die Einschränkung mit dem Bauleitplan richte sich an eine Kompetenz, die Kommunen originär zugeteilt ist.

Irritation bei den Klägern

Dieser Bescheid lässt die Kläger irritiert zurück, so Pfullendorfs Bürgermeister Zwick. Den Hinweis, dass über den Umweg der Landsiedlung, ein weitgehend landeseigener Betrieb, Grundstücke in die Hände von Kommunen gelangten, überzeugt ihn nicht: Bei diesem Umgehungstatbestand fällt zwei Mal Grunderwerbsteuer an.

Kommunalverbände unzufrieden

Auch die Kommunalverbände sind mit der Regelung unzufrieden, sie verteure und verkompliziere den Grunderwerb und ziehe Bauen in die Länge, schreiben Städte-, Gemeinde- und Landkreistag in einer gemeinsamen Mitteilung.

Kritik am Schrotflinteneffekt

Sebastian Ritter, Dezernent für Bauen beim Städtetag, sieht beim ASVG einen Schrotflinteneffekt: In Einzelfällen könne es unnötige Baugebiete verhindern, oft verhindere es nötige Baugebiete. Er würde die Einschränkung für Kommunen streichen. Wenn aus Ackerland ein Baugebiet werde, müssen für die Bauleitplanung ohnehin die Belange der Landwirtschaft gegen die Notwendigkeit neuer Bau- oder Gewerbegebiete abgewogen werden.

Keine Chance für Gesetzesänderung

Bürgermeister Zwick konkretisiert das: Wo sei ein Schaden, wenn eine Regel zum Schutz von Landwirten einen Kauf verhindere, den dieselben Landwirte im Gemeinderat zuvor noch gebilligt haben? Eine Änderung erwartet Zwick vorerst nicht, die Landespolitik sehe sich durch das Urteil ohnehin bestärkt.

Kein Anspruch auf Gleichbehandlung

Muss der Gesetzgeber Träger der öffentlichen Gewalt gleichbehandeln? Laut Artikel 19 Grundgesetz sind Grundrechte wie der allgemeine Gleichheitsgrundsatz auf juristische Personen allenfalls nach ihrem Wesen anwendbar. Darauf verweist der Verfassungsgerichtshof. Beispiele sind die Religionsfreiheit bei Kirchen oder die Pressefreiheit des öffentlichen Rundfunks. Kommunen passen, zumindest was den Gleichheitsgrundsatz anbelangt, nicht in diese Reihe.

Einen Kommentar zu diesem Thema finden Sie hier.

Hier finden Sie das Urteil.

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