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Berufsbild: Fachangestellter für Bäderbetriebe

Das Wasser muss man immer im Blick haben

1083 Hallen- und Freibäder gibt es im Land. Diese zu betreiben, ist für Kommunen eine Herausforderung. Doch Fachangestellte für Bäderbetriebe haben einen abwechslungsreichen Beruf.

Freibäder wie das hier in Möhringen bieten einen sicheren Badespaß und sind gleichzeitig wichtige soziale Orte für die Sport- und Freizeitgestaltung.

www.7aktuell.de/Gruber)

Stuttgart. 620 Hallen- und 463 Freibäder gibt es in Baden-Württemberg. 10 416 Einwohner kommen rein rechnerisch auf ein schwimmunterrichttaugliches Bad. Nur Thüringen hat im Bundesvergleich ein besseres Bad/Einwohnerverhältnis, das Schlusslicht Berlin weist ein Verhältnis von 51 438 Einwohner pro Bad auf.

„Die Schwimmbadsituation in Baden-Württemberg ist im Bundesvergleich positiv zu bewerten“, schloss Mitte Juni Peter Hauk (CDU), Minister für den ländlichen Raum, daher in der Antwort auf einen Antrag der SPD-Fraktion (DS 17/6756). Gabi Rolland, SPD-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der DLRG-Bezirksgruppe Breisgau, fordert dagegen in einem Interview anlässlich deren 100-jährigen Bestehens: „Wir brauchen mehr Schwimmbäder.“ Damit Kinder schwimmen lernen können – und weil die Zahl der Ertrunkenen jedes Jahr steigt.

Steigende Energiekosten und notwendige Sanierungen

Kommunen, in deren Verantwortlichkeit Schwimmbäder als freiwillige Leistung fallen, sind durch den Unterhalt bei steigenden Energiekosten und notwendige Sanierungen herausgefordert: Das Freibad in Göppingen etwa muss in diesem Jahr geschlossen bleiben, weil der Zeitplan bei den Umbauarbeiten nicht eingehalten werden konnte.

Freibäder sind für die Kommunen ein Zuschussgeschäft, werden gleichzeitig aber als wichtige soziale Orte für die Sport- und Freizeitgestaltung erlebt, geschätzt – und eingefordert. Andererseits sind sie eine Art Schmelztiegel, weil im Schwimmbad alle sozialen Schichten aufeinandertreffen und sich Konfliktpotenzial aufbauen kann, das sich alljährlich mit der steigenden Hitze entlädt.

Dazu kommt auch noch: Um die Bäder zu betreiben, braucht es Fachpersonal. Und das wird immer rarer. Um diesem Personalmangel zu begegnen, sind Kommunen mancherorts schon gezwungen, die Öffnungszeiten einzuschränken.

Es ist dieses sozial-politisch-ökonomische Um- und auch Spannungsfeld, in dem Simon Luhr arbeitet und das seinen Berufsalltag mitbestimmt. Er ist Fachangestellter für Bäderbetriebe, hat mit Fachhochschulreife die zweieinhalbjährige Ausbildung absolviert und sattelt jetzt den Meister drauf. Seit 2023 ist er im Sport- und Familienbad der Stadt Müllheim angestellt und leitet nun den Betrieb.

An Spitzentagen kommen schon einmal zwei- bis dreitausend Badegäste am Tag, viele auch aus dem nahen Elsass, die das Müllheimer Bad schätzen. Deshalb ist auch eine Hauptaufgabe, die Qualität des Wassers zu gewährleisten. In der Ausbildung werden hier mit intensivem Unterricht in Chemie und Biologie die Grundlagen gelegt.

„Wir müssen mit Gefahrenstoffen umgehen, Säuren, Chlorgas zur Desinfektion“, meint Luhr, „es gilt, Richtlinien und Standards zu gewährleisten.“ Deshalb beginnt der Arbeitstag auch mit einem Rundgang. Ist eine Filterspülung nötig? Wie sieht der Wasserverbrauch, die -zufuhr aus? Müssen Anlagenteile gewartet, Chlorgasflaschen gewechselt, Flockungsmittel zugegeben werden?

Zur Arbeit gehört auch die Pflege der Grünanlagen und die Badeaufsicht. „Zu erkennen, ob einer ertrinkt oder am Spielen ist, ist nicht einfach“, meint Luhr.

„Man erkennt es an der Körperhaltung; klar hat man am Beckenrand immer eine gewisse Anspannung; es braucht Konzentration, man muss das Wasser permanent im Blick haben.“ Grundlegend ist die Erste-Hilfe-Ausbildung, auf die im Lehrplan ein starker Fokus gelegt wird. Dennoch: Der Lärm, die Hitze und Auseinandersetzungen mit oder unter Badegästen machen das Ganze nicht einfacher.

An manchen Tagen hilft auch zusätzlich ein Sicherheitsdienst mit

„Zur Ausbildung gehört auch die Rechtslehre, wie verhalte ich mich im Hausrecht, was darf ich fest- und auch durchsetzen“, so Luhr. An Tagen mit vielen Badegästen wird das Team um Luhr auch von einem Sicherheitsdienst unterstützt.

„Mir gefällt die Vielfalt, die vielen Aufgaben“, sagt Luhr, „und ja, es ist stressig und man bekommt auch oft negatives Feedback, aber wenn man sieht, wie viel Menschen ihren Spaß haben, dann ist das befriedigend.“

Mehr Menschen ertrunken

Badeunfälle in Schwimmbädern mit tödlichem Ausgang sind eher selten. Denn anders als an freien Gewässern sind die baulichen Voraussetzungen, Wassertiefen und -strömungen in Schwimmbädern kontrolliert. Laut DLRG sind in Baden-Württemberg 2023 mit 43 Personen über ein Drittel mehr Menschen als 2022 (29) ertrunken. Und die Schwimmfähigkeit von Grundschulkindern geht zurück.

Simon Luhr ist Fachangestellter für Bäderbetriebe in Müllheim. Foto: Beate Mehlin

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