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Nachgehakt: Mobilitätsgesetz

Gesetz soll öffentlichen Nahverkehr und Radverkehr stärken

Grün-Schwarz hat sich nach eineinhalb Jahren auf ein Mobilitätsgesetz geeinigt. Das Kabinett hat den Entwurf in dieser Woche, direkt vor der Sommerpause, gebilligt.

Nur Zusatzangebote im öffentlichen Nahverkehr sollen Kommunen über den Mobilitätspass finanzieren dürfen. Nicht die immer wieder diskutierte Mobilitätsgarantie.

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Was wird mit dem Mobilitätsgesetz bezweckt?

Laut Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) werden mit dem Gesetz Leitlinien für eine nachhaltige, klimafreundliche, leistungsfähige und verlässliche Mobilität definiert. Zugleich soll das Gesetz dazu beitragen, die Klimaziele im Verkehr zu erreichen. Dort gelingt es bislang nicht, CO 2 einzusparen. Das Gesetz schafft beispielsweise Grundlagen für den Mobilitätspass, für die Umsetzung der EU-Verordnung zu sauberen Fahrzeugen, für die Digitalisierung im Verkehr, insbesondere mit Blick auf die Parkraumbewirtschaftung und Falschparker sowie die Förderung des Radwegeausbaus.

SPD und FDP bezeichneten das Gesetz als unnötig. Der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Jan Röderer, sagte, dass Gesetz schaffe neue unnötige Bürokratie und löse kein Problem der Mobilität in Baden-Württemberg. Sein Kollege von der FDP, Christian Jung, sagte mit Blick auf mögliche Kosten durch den Mobilitätspass für Unternehmen: „Schon heute haben wir viel zu viele Standortnachteile. Da darf man nicht ständig eine Schippe drauflegen, sondern muss endlich entlasten.“

Wie sind die Voraussetzungen für den Mobilitätspass?

Das Thema wird schon lange diskutiert. Erste Überlegungen zu einer Nahverkehrsabgabe gab es bereits unter Grün-Rot. 21 Kommunen im Land haben inzwischen in einem Modellprojekt Überlegungen und Berechnungen dazu angestellt, Karlsruhe, Freiburg und der Kreis Offenburg verfolgen das Thema derzeit weiter.

Hinter dem Mobilitätspass verbirgt sich die Möglichkeit für Kommunen für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs nicht für die Bezahlung des bestehenden Angebots entweder von allen Einwohnern ab 18 Jahren oder von allen Kfz-Besitzern eine monatliche Abgabe zu erheben. Ob eine Kommune das tut, entscheidet der Gemeinderat. Das Geld können die Bürger sich auf Zeittickets im öffentlichen Nahverkehr anrechnen lassen. Eine Arbeitgeberabgabe, die vor allem für Kommunen interessant gewesen wäre, in die viele Menschen zum Arbeiten pendeln, wird es nicht geben. Sie ist in den Verhandlungen mit dem Koalitionspartner CDU ebenso gestrichen worden wie die angedachte Citymaut.

Laut Jan Röderer, verkehrspolitischer Sprecher der SPD, taugt der Mobilitätspass nicht für den ländlichen Raum, da ein ÖPNV-Bestandsangebot Voraussetzung ist. Auch für die Ballungsräume tauge es nicht, da nur einzelne Stadt- und Landkreise die Möglichkeit bekämen, das Instrument einzuführen. Röderer kritisierte auch, dass die möglichen Modelle von vier auf zwei reduziert wurden. Der Industrie- und Handelskammertag und der Handwerkstag im Land hingegen begrüßten den Wegfall von Citymaut und Arbeitgeberabgabe.

Städte- und Landkreistag hatten bereits in der Vergangenheit klar gemacht, dass die Einführung eines Mobilitätspasses nicht dazu dienen könne, die vom Land angekündigte Mobilitätsgarantie durch eine Kommunalabgabe zu finanzieren. Für Zusatzangebote im ÖPNV könne ein solches Abgabenmodell ein zweckmäßiges Instrument sein, hatte das geschäftsführende Vorstandsmitglied des Städtetags, Ralf Broß, bereits im Januar mitgeteilt. Die Berechnungen in Karlsruhe und Freiburg hätten gezeigt, dass es sinnvoll sein könne, sich als Kommune aktiv mit den Chancen zu befassen und die Potenziale aufzuzeigen.

Was hat es mit der EU-Verordnung für saubere Fahrzeuge auf sich?

Baden-Württemberg will die EU-Verordnung eins zu eins umsetzen. Hinzu kommt, dass sich zwei Regionen zusammenschließen können, um die EU-Vorgaben zu erfüllen. Ein Beispiel: Eine Region hat den geforderten Ausbau bei den Elektrobussen bereits übererfüllt, die andere hinkt noch hinterher. Gemeinsam würden die Vorgaben aber erreicht. Damit erfüllt das Land eine Forderung von Städte- und Landkreistag, dem Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmen und dem Landesverband Deutscher Verkehrsunternehmen.

Welche Möglichkeiten bekommen die Kommunen bei der Parkraumüberwachung?

Mit dem Gesetz sollen Grundlagen für die Datenlieferung und Datennutzung für das Verkehrsmanagement gelegt werden. Etwa für eine digitale Parkraumbewirtschaftung. Auch können Kommunen künftig gegen Parksünder, etwa gegen Autofahrer, die Gehwege zuparken, leichter vorgehen. Das Gesetz schafft die Möglichkeiten, die Nummernschilder der Autos mit einem entsprechenden Scanfahrzeug direkt im Vorbeifahren zu fotografieren, zu verarbeiten und das Bußgeld auszustellen.

Warum finanziert das Land je Stadt- und Landkreis eine Radkoordinatorenstelle?

Kommunen haben den gesetzlichen Auftrag, Radverkehrsnetze zu entwickeln. Doch teilweise reichen Planungs- und Personalkapazitäten nicht aus. Hinzu kommt, dass das Land das Ziel verfolgt, ein Radnetz aufzubauen, dass nicht an der Grenze einer Kommune endet. Deshalb will das Land in allen Stadt- und Landkreisen je eine Stelle für einen Radkoordinator zahlen. An diesen sollen die Kommunen ihre bestehenden Radnetze und Pläne für den Ausbau liefern. So kann das Landes-, Kreis- und Kommunalnetz für Radfahrer zusammengebracht werden und die einzelne Kommune beim Ausbau ihres Radnetzes unterstützt werden. Zugleich wird in dem Gesetzentwurf festgeschrieben, dass Radverkehr vom Fußverkehr getrennt werden soll und bei hohen Geschwindigkeiten auch vom Autoverkehr.

Der verkehrspolitische Sprecher der FDP, Christian Jung, übt heftige Kritik an den Radkoordinatoren. Er spricht von „kropfunnötigen Kostgängern“ und kritisiert die Ausgaben im Landeshaushalt dafür.

Auf Sanktionen und Strafandrohungen wird verzichtet

Der stellvertretende Ministerpräsident Thomas Strobl (CDU) sprach in der Landespressekonferenz von einem schlanken und guten Gesetz. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sagte zur Kritik der Opposition: „Wenn jemand etwas nicht will, ist ein allgemeiner Bürokratie-Vorwurf schnell bei der Hand. Wir haben eine schlanke Lösung gefunden.“ Auf Sanktionen und Strafandrohungen wurde verzichtet. Der Entwurf geht nun in die Verbändeanhörung.

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