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Landratswahlen

AfD-Stimmen könnten über den Landrat in Esslingen entscheiden

In Baden-Württemberg steht eine Super-Wahlwoche an. Am Mittwoch bestimmen die Kreistage des Alb-Donau-Kreises und des Landkreises Böblingen ihre Landräte. Die Amtsinhaber treten konkurrenzlos an. In Esslingen dürfte es am darauffolgenden Freitag spannend werden. Die AfD könnte das Zünglein an der Waage sein.

Klar dürfte die Entscheidung über die Landratswahl in Böblingen (von links) für Roland Bernhard ausfallen. In Esslingen stehen Marcel Musolf und Peter Rosenberger zur Wahl. Alleinkandidat für den Alb-Donau-Kreis ist Heiner Scheffold.

Privat)

Esslingen. Landratswahlen sind geheim, das betonen die beiden Kandidaten um die Nachfolge des Esslinger Landrats Heinz Eininger (CDU) einvernehmlich. Für Marcel Musolf , Bissinger Bürgermeister, Freier-Wähler-Kreisrat und Kandidat seiner Fraktion, sowie für Peter Rosenberger , CDU-OB von Horb (Kreis Freudenstadt), ist das wichtig: Ihre mögliche Wahl könnte mit Stimmen der AfD entschieden werden.

Für die Wahl ist nur eine Stimme von der AfD nötig

Während sich Freie Wähler (FW) und SPD hinter Musolf stellen und 39 Stimmen aufbringen (Musolf ist als Freie-Wähler-Rat befangen), kommen CDU und Grüne, die für Rosenberger votieren wollen, auf 37 Stimmen. Die absolute Mehrheit ist bei den ersten beiden Wahlgängen maßgeblich, sie liegt im 94 Mitglieder starken Gremium bei 48 Kreisräten. Selbst wenn sich die fünf FDP- und drei Linken-Räte einheitlich für einen der beiden Kandidaten entscheiden, bräuchte es für Musolfs Mehrheit eine, für die Wahl Rosenbergers gar sechs Stimmen von Rechtsaußen.

Keine Angaben zur Tendenz Rechtsaußen

Als Königsmacher sieht sich AfD-Fraktionschef Ulrich Deuschle. Es gebe eine Tendenz seiner Fraktion, mehr sagt er nicht. Prüfsteine seien etwa die direkte Förderung von Jugendvereinen statt über den Kreisjugendring. Hierzu hatte es im Sozialausschuss offenbar einen Disput mit FW-Rätin Verena Grötzinger, Bürgermeisterin in Owen, gegeben. Deuschle habe daraufhin angedeutet, der AfD Musolf nicht empfehlen zu wollen.

Kritik an vorzeitigen Festlegungen

Dies berichtet Linken-Rat Martin Auerbach. In dessen Fraktion hatte sich bisher Musolf vorgestellt, am Montag ist Rosenberger dran, festlegen will sich die Linke noch nicht. Nichts von vorzeitigen Festlegungen hält man bei der FDP. „Gewählt wird am 26. Juli“, sagt Fraktionsvorsitzender Ulrich Fehrlen. Bei seiner Fraktion hatten sich beide Kandidaten präsentiert, ebenso bei den weiteren Fraktionen außer der AfD.

Freie Wähler setzen auf eine Ankündigung der AfD

Deshalb nehmen die Freien Wähler an, dass sich die zehn Rechtsaußen-Räte enthalten. Fraktionssprecher Bernhard Richter, Bürgermeister in Reichenbach an der Fils, will Deu-schle an seine Ankündigung erinnern, wer sich nicht bei der AfD vorgestellt hat, bekommt deren Stimmen nicht. Richter ist zuversichtlich, dass im dritten Wahlgang die relative Mehrheit für Musolf den Ausschlag gibt. Die AfD habe ohnehin regelmäßig mit der CDU gestimmt, also keine Gefahr bei den Freien Wählern für die Brandmauer, einer Mehrheit, bei der es nicht auf die AfD ankommt.

CDU hat um die SPD geworben

Diese Mehrheit trieb auch die CDU um. Kandidat Rosenberger habe schon früh eine Unterstützung der AfD zurückgewiesen, sagt Fraktionschef Sieghart Friz, Bürgermeister von Unterensingen. Außerdem habe die Union auch um die SPD geworben, sodass mit den Grünen die zehn Stimmen der AfD unerheblich geworden wären. Die Sozialdemokraten hatten sich aber anders entschieden.

Erster Wahlgang könnte kritisch werden

Deren Fraktionssprecher Michael Medla erklärt, dass zunächst die Entscheidung für die Person und nicht die Brandmauer maßgeblich war. Wie ein Kompromiss für eine Mehrheit jenseits der AfD aussehen kann, wusste Medla für den ersten Wahlgang nicht zu skizzieren. Das eint ihn mit seiner grünen Amtskollegin Stefanie Reinhold. Auch ihr Blick geht auf den zweiten Wahlgang, für den es, sollte er denn stattfinden, am Freitag Gesprächsbedarf in der „FILharmonie“ in Filderstadt geben dürfte. Offenbar werden Szenarien diskutiert, vom Kandidaten-Rückzug bis zum Lager-Übertritt. Sprecher sehen bei Räten des jeweils anderen Lagers noch Stimmenpotenzial – während das eigene Lager ganz sicher stehe.

Rosenberger will das Landratsamt als moderner Dienstleister

Bei all diesem Hin und Her könnte man fast vergessen, wer zur Wahl steht. Der 52-jährige Peter Rosenberger stellt seine kommunalpolitische Erfahrung als Rathauschef und langjähriger Kreisrat in den Mittelpunkt. Deshalb will er als Landrat, der von außen kommt, mehr auf die Kommunen eingehen, wichtig in den anstehenden Krisenjahren. Arbeitgebermarke, Zusammenarbeit mit freien Trägern und die Verwaltung als moderner Dienstleister nennt er als Punkte. Für den 2015 unterlegenen CDU-OB-Kandidaten in Mannheim könnte 2025 die OB-Wahl in Horb anstehen. Sollte er in Esslingen scheitern, hofft er dank seiner Politik auf den dritten Wahlsieg in der Neckarstadt. Um deren Interessen im Kreis Freudenstadt zu wahren, ließ er sich als Kreisrat wählen.

Musolf sorgt sich um Handlungsfähigkeit der Verwaltung

Erfolg bei der Kreistagswahl, allerdings in Esslingen, hatte auch Mitbewerber Marcel Musolf. Für den Bürgermeister von Bissingen an der Teck ein bedeutsamer Sprung von einer Verwaltung mit 110 Mitarbeitern zu einer mit 2500 – den der 39-Jährige dank seiner bisherigen Leistungen für bewältigbar hält. Musolfs mögliche Wiederwahl als Bürgermeister stünde erst 2027 an. In Esslingen will er die Handlungsfähigkeit der Kreisverwaltung erhalten. Digitalisierung, Arbeitgebermarke und das Vertrauen der Bürger in staatliche Institutionen beschäftigen ihn hier. Nachhaltige Kreis-Entwicklung und soziale Fragen bis hin zum Wohnungsbau stehen im Aufgabenheft.

Zwei weitere Wahlen mit jeweils einem Kandidaten

Schon am Mittwoch stellen sich Heiner Scheffold (61) in Ulm und Roland Bernhard (ebenfalls parteilos) in Böblingen alleine zu Wahl. Für den Forstwissenschaftler Scheffold wäre es die zweite Amtszeit im Alb-Donau-Kreis, der Jurist Bernhard strebt die dritte Amtszeit an, die für den 67-Jährigen vorzeitig 2030 enden wird.

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