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Diskussion über Gerechtigkeit: Was braucht unser Bildungssystem?
Stuttgart. „Schwer erziehbar … aber ich gebe nicht auf!“ Viele Lacher erntete SPD-Fraktionsvorsitzender Andreas Stoch für seine Replik, mit der er den Satz „Die CDU ist in Fragen der Bildungspolitik …“ ergänzte. Die Vorgabe kam von den Moderatorinnen Anja Hanke und Ricarda Kaiser, die die Podiumsdiskussion auf der Außerordentlichen Landesdelegiertenversammlung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ( GEW ) Baden-Württemberg leiteten und mit dem „Speed Dating“ beendeten. Da bekannte Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) unter anderem, wenn sie die GEW-Landesvorsitzende wäre, würde sie „kämpfen wie Monika Stein“. Stein wiederum würde als Kultusministerin „dafür sorgen, dass Bildung zum Schwerpunkt der Landesregierung wird“.
Eine Schlussrunde, die gewissermaßen für die Diskussion zuvor unter dem Motto „Bildung. Mutig. Los! Was braucht unser Bildungssystem bis 2031?“ stand. Klar, dass alle frühkindliche Bildung, Bildungsgerechtigkeit und Bildungschancen wollen. Die Herausforderung ist, wie das verwirklicht werden soll, ohne ein Kind zurückzulassen und ohne, dass ein Bildungsbereich oder eine Einrichtung auf Kosten einer anderen kaputt gespart wird.
Was ist Bildungsgerechtigkeit?
Einig waren sich die Diskutierenden schon bei der Einstiegsfrage, was denn für sie Bildungsgerechtigkeit und Bildungschancen bedeuteten. Sie dürften nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen, hieß es. Und während Stoch betonte, wie wichtig Kitas seien, das letzte Kindergarten- oder Kitajahr kostenfrei sein müsse, indes landesweit 60.000 Kinder keinen Kitaplatz hätten, verwiesen Schopper und Stein auf die Unterschiede der Kinder. Jedes davon müsse seinen Abschluss in einem passenden Weg schaffen. „Bildungsgerechtigkeit bedeutet, Ungleiches auch ungleich zu behandeln, mehr Formen zu finden, mehr Begleitung, vor allem mehr Ressourcen, mehr Geld, mehr Personal ins Bildungssystem zu geben in allen Bereichen“, subsummierte Monika Stein.
Stoch kritisierte daher das Kooperationsverbot, nach dem der Bund keinen Einfluss auf die Schulpolitik der Länder ausüben darf, insbesondere nicht Bildungsmaßnahmen finanzieren.
Freilich ist es Theresa Schopper , die in die Haushaltsverhandlungen muss. Und es sei ihre Aufgabe, mehr für ihr Ressort herauszuholen, wurde auch vom Publikum gefordert – mit dem Zugeständnis, das sei in einer Koalition mit den Konservativen nicht einfach. Um gleich darauf zu monieren, dass sie diesen zu viele Zugeständnisse gemacht habe für deren „Rolle rückwärts zum dem alten dreigliedrigen Schulsystems und der verbindlichen Grundschulempfehlung“. So gibt es die Überlegung, künftig einen Aufnahmetest absolvieren zu lassen.
Es herrscht Burgfrieden
Auch die Stichworte „bildungspolitischer Burgfrieden“ und „Schulfrieden“ fielen: Die Grünen akzeptieren den Fortbestand der Haupt- und Werkrealschule sowie der Realschule, die Konservativen die Existenz der Gemeinschaftsschule. Klar ist, auch im Ländle soll das neunjährige Gymnasium G9 wieder kommen. Doch warum so schnell, warum wieder Unruhe hereinbringen, wurde gefragt. Eltern, die das G9 beträfen, könnten sich besser artikulieren und organisieren, so Stein. „Die anderen, die Alleinerziehenden, die Familien, die Kinder mit Behinderungen haben, die haben keine Zeit für solche Lobbyarbeit.“ Eine Schande, dass die Inklusion ins Stocken geraten, gar teils rückläufig sei. Aber eben dafür als auch für Grundschulen brauche es mehr Personal.
Das werde denn nun auch an den Pädagogischen Hochschulen ausgebildet, so Schopper . Aber das brauche seine Zeit. Die grün-rote Koalition hätte weiland viel auf den Weg gebracht. Sie nannte etwa PiA , die dreijährige Praxisintegrierte Ausbildung zu Erzieherin und Erzieher bei Quereinstieg, um den Fachkräftemangel in den Kitas zu bekämpfen. Die Kultusministerin unterstrich leidenschaftlich ihren Schwerpunkt, in den viel Geld fließe: der Vorschul – und Grundschulbereich. Um aufzunehmen, was zuvor schon Monika Stein angesichts gescheiterter Bildungskarrieren sagte: „Wir müssen so früh anfangen, dass später Schulen nicht zum Reparaturbetrieb werden.“