Auch der Landkreistag sieht das so, wie der Geschäftsführer Alexis von Komorowski erklärt wenn auch die Zersplitterung in den Kreisgremien längst nicht so ausgeprägt ist (siehe auch Seite 10). Steffen Jäger, der Präsident des Gemeindetags, sagt: „Das Auszählverfahren nach Saint Lague-Schepers führt auch zu einer gewissen Unausgewogenheit bei der Frage, wie viele Stimmen es für ein Gemeinderatsmandat braucht.“Auf der landespolitischen Bühne ist das Thema ebenfalls angekommen.
Kretschmann sorgt sich um zunehmende „Fragmentierung“
Der Ministerpräsident Winfried Kretschmann erklärte dazu am Dienstag in der Landespressekonferenz: „Gemeinderäte sind keine Parlamente, sondern Verwaltungsorgane.“ Er beobachtet einen „Trend zur Fragmentierung“, oft hätten manche Kleinparteien nur ein Thema. Und Innenminister Thomas Strobl (CDU) kritisiert, dass der Trend jetzt schon in den Großen Kreisstädten angekommen sei: „Nichts wird dadurch besser.“ Auch der Ludwigsburger Landrat Dietmar Allgaier Vorsitzende der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) der CDU in Nordwürttemberg, bemängelt: „Eine Zersplitterung der Gremien hilft gerade nicht bei der Findung von Kompromissen.“
Einen Kommentar zum Kommunalwahlrecht lesen Sie hier.
Der ehemalige OB von Fellbach, Guntram Palm (CDU), verweist auf die aus seiner Sicht mangelnde „Erfolgswertgleichheit“ der Stimmen, weil kleinere Listen weniger Stimmen für ein Mandat benötigte.
Wie kann dem Abhilfe geschaffen werden? Da gehen die Meinungen allerdings auseinander. Der Landkreistag fordert, das bis 2014 gültige Auszählverfahren wieder umzustellen. Alexis von Komorowski fordert: „Wir halten die Auszählung nach dem Verfahren von d’Hondt für sinnvoll.“
Landkreistag und Gemeindetag wollen zurück zur Auszählung nach d’Hondt
Auch der Gemeindetag sieht das so. Diese Berechnung hat Gruppierungen mathematisch bei der Sitzzuweisung bevorzugt. Der Städtetag hingegen will beim von Grün-Rot nach dem Machtwechsel 2011 eingeführten Verfahren nach Sainte Laguë/Schepers bleiben, dieses aber modifizieren. Broß sieht die Mini-Parteien und Listen überproportional bevorzugt, weil sie schon mit wenigen Prozenten ihren ersten Sitz erhalten. Der Innenminister Thomas Strobel (CDU) greift die Forderungen der Kommunalverbände auf: „Eine Rückkehr zu d’Hondt würde mehr Stabilität bringen.“
Auch der SPD-Landtagsabgeordnete Klaus Renger greift das Thema auf. „Eine Prozenthürde ist nicht der richtige Weg, aber über eine Änderung der Sitzplatzverteilung kann das Ziel von handlungsfähigen Gemeinderäten erreicht werden“, sagt er.
Eine von überregionalen Wahlen bekannte Sperrklausel von drei Prozent fordert aber nur die AfD, der Abgeordnete Daniel Lindenschmid hält das für verfassungsgemäß. Das lehnen jedoch die anderen ab. „Es geht hier um eine Persönlichkeitswahl, das würde dem entgegen stehen“, betont Ralf Broß vom Städtetag.
Es gibt Kritik an der Rückkehr zu d’Hondt aus der Opposition
In der Opposition ist man skeptisch. Die FDP-Vizefraktionschefin Julia Goll warnt vor einer einfachen Rückkehr zu d’Hondt, das in der Vergangenheit oft der CDU genutzt hatte. „Es sollte einen Mittelweg geben“, sagt Goll, möglicherweise das in einigen Bundesländern verwandte Zählverfahren nach Hare/Niemeyer, das eine relativ proportionale Abbildung der Stimmen in den Gremien garantiere, allerdings andere Probleme habe.
Der Ludwigsburger Professor und Dekan Arne Pautsch, selbst von 2011 bis 2016 in Niedersachsen hauptamtlicher Bürgermeister, hält die Debatte hingegen für schwierig: „Ich würde davor warnen, das Wahlrecht zu ändern, weil einem die Ergebnisse nicht gefallen.“ Die Funktion der Gemeinderäte sei nicht in Gefahr. Der Städtetag fordert jedenfalls, im Innenministerium eine Kommission einzurichten, um das Kommunalwahlrecht zu überprüfen.
Immer informiert sein und nichts mehr verpassen.
Mit unseren Newslettern.
Abonnieren
Nutzen Sie die Vorteile unseres
Premium-Abos . Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für
0 €
4 Wochen / danach 189 € jährlich
Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg
Jetzt abonnieren