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Neue Konzeption soll besser schützen und Hilfen geben
Stuttgart. Die Zahl der Gewalttaten gegenüber Rettungs- und Einsatzkräften hat laut Innenminister Thomas Strobl (CDU) in den vergangenen zehn Jahren allein in Baden-Württemberg „eine Steigerung um über 100 Prozent erfahren“. Laut polizeilicher Kriminalstatistik wurden im vergangenen Jahr über 13 500 (2022: über 12 600) Polizeibeamte und 328 (2022: 289) Angehörige aus dem Bereich Feuerwehr und des Rettungsdienstes Opfer von Gewalt – jeweils ein neuer Höchstwert.
Gleiches gelte für die Anzahl der Opfer von Gewalt unter den sonstigen Beschäftigten im öffentlichen Dienst, welche im Jahr 2023 auf einen Höchstwert von 1525 (2022: 1352) Opfern angestiegen ist. Hierunter fallen Lehrer, Mitarbeiter von Krankenhäusern, Jobcentern, Bürgerämtern oder Führerscheinstellen sowie kommunale Mandatsträger.
Sieben Handlungsfelder für einen besseren Schutz
Die neue Landeskonzeption wurde laut Strobl von insgesamt 18 Akteuren erarbeitet, darunter zehn Ministerien, Gewerkschaften, der Unfallkasse, kommunalen Landesverbänden und Personalvertretungen. Sie sieht sieben Handlungsfelder vor: Monitoring, Entwicklung einer Präventionsdatenbank, behördenspezifische Krisen- und Notfallpläne, außerdem eine zentrale und landesweite Ansprechstelle für Gewaltprävention im öffentlichen Dienst, die bei der bereits bestehenden „Zentralen Ansprechstelle für Amts- und Mandatsträgerinnen und –träger“ des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg angegliedert wird, Unfallmeldungen.
Zudem sollen Informationen in allgemeiner Form über rechtliche Möglichkeiten der Gegenwehr und Unfallfürsorge auf einer zentralen Website zur Verfügung. gestellt werden und es gibt Hilfsangebote wie eine psychologische Beratungsstelle. Beschäftigte im öffentlichen Dienst sollen so nach einem Gewaltvorfall angemessene Unterstützung erhalten, um die Auswirkungen auf ihre Gesundheit zu minimieren und ihnen bei der Bewältigung des Vorfalls zu helfen. Und die Konzeption enthält eine einheitliche Definition von Gewalt gegen Beschäftigte, die für den gesamten öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg gelte.
„Wir nehmen die Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst nicht tatenlos hin, sondern wirken Übergriffen frühzeitig entgegen“, sagte Strobl. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) betonte, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst „das Rückgrat des Rechtsstaates sind. Jeder Angriff auf sie ist ein Angriff auf den Rechtsstaat“.
BBW: Der Konzeption fehlt die Rückendeckung der Ressorts
Der BBW begrüßt zwar den Einsatz der Landesregierung, um öffentlich Beschäftigte vor Gewalt besser zu schützen. Zugleich meldet er aber erhebliche Zweifel an, dass die Landeskonzeption dafür taugt. Dieser Konzeption fehle die gesamtpolitische Verantwortung, nämlich die Rückendeckung aller Ressorts. Die Verbindlichkeit der Anwendung bleibe auf der Strecke, kritisiert BBW-Chef Kai Rosenberger. Sein Stellvertreter Joachim Lautensack bemängelte, dass man strukturelle Weichenstellungen versäumt habe. „Wir sind enttäuscht“, erklären Rosenberger und sein Vize unisono.
Der deutsche Gewerkschaftsbund DGB begrüßte die Konzeption. „Wir begrüßen es sehr, dass die Landesregierung sich dieses Problems systematisch und dauerhaft annimmt. Wesentliche gewerkschaftliche Punkte finden sich in der Konzeption wieder. Jetzt braucht es aber auch eine schnelle und umfassende Umsetzung über alle Führungsebenen und Ressorts hinweg“, sagte Maren Diebel-Ebers, stellvertretende Vorsitzende DGB Baden-Württemberg.
Hanna Binder, stellvertretende verdi-Landesbezirksleiterin, betonte, dass es gut sei, „ dass die Landesregierung die ständig weiter zunehmende Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst in den Fokus rückt und die Dienststellen dazu auffordert, eigene Konzepte zu erarbeiten.“
Gundram Lottmann, Landesvorsitzender Gewerkschaft der Polizei (GdP), forderte, dass jetzt schnell gehandelt werden müsse, um diesen seit Jahren steigenden Gewaltzahlen Einhalt zu gebieten. „Das Landeskonzept für einen besseren Schutz der Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist dazu geeignet, im Bereich der Prävention, der Intervention und der Nachsorge neue Impulse zu setzen“, so Lottmann.