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Finanzgerichtsurteil

Grundsteuerstreit geht in die nächste Instanz

Der Versuch mehrerer Eigentümerverbände und des Bunds der Steuerzahler Baden-Württemberg, das neue Landesgrundsteuergesetz zu Fall zu bringen, ist in der ersten Instanz gescheitert. Das Finanzgericht Baden-Württemberg wies beide Musterklagen ab und bestätigte, dass das Gesetz verfassungsgemäß ist. Die Kläger wollen nun in Revision gehen.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hält es für rechtlich zulässig, dass Eigenheimbesitzer künftig deutlich mehr Grundsteuer bezahlen müssen als bisher, weil künftig nur noch die Grundstücksfläche und nicht die Bebauung zählt.

Imago/Westend 61)

Stuttgart. Die mündliche Verhandlung vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg dauerte mit fast vier Stunden deutlich länger als veranschlagt, doch die Urteilsverkündung fiel mit nicht einmal 20 Minuten sehr knapp aus. Gegen 16.30 Uhr verkündete der Vorsitzende des 8. Senats des Finanzgerichts, Volker Brey, dass das Grundsteuergesetz des Landes in allen Punkten verfassungsgemäß sei. Allerdings ließ der Senat eine Revision beim Bundesfinanzhof zu. Die Kläger, ein Ehepaar aus Stuttgart und eine Frau aus Karlsruhe, wie auch die Verbände, die sie unterstützen, kündigten an, die nächste Instanz anrufen zu wollen.

Musterklagen für Grundstücke in Stuttgart und Karlsruhe

In dem Rechtsstreit geht es um zwei Grundstücke in Stuttgart und Karlsruhe, die mit Eigenheimen bebaut sind und über Gärten verfügen. Da die neue Grundsteuer ausschließlich aufgrund der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert errechnet wird, gehen die Kläger davon aus, dass sie künftig erheblich mehr bezahlen müssen als bisher und gleichzeitig gegenüber den Eigentümern von Grundstücken, die mit Mehrfamilienhäusern bebaut sind, benachteiligt werden. Die Stuttgarter Kläger gehen davon aus, dass sie bei gleichem Hebesatz ein Vielfaches der bisherigen Grundsteuer bezahlen müssen.

Die baden-württembergische Grundsteuerreform verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen das Grundgesetz, hatten die Kläger und die dahinterstehenden vier Verbände der Bund der Steuerzahler Baden-Württemberg, Haus und Grund Baden und Württemberg sowie der Verband Wohneigentum argumentiert. So sei durch die ausschließliche Ausrichtung der Steuer an der Fläche und dem Wert des Grundstücks das Gleichheitsprinzip verletzt. Auch das Äquivalenzprinzip und das Leistungsfähigkeitsprinzip würden im neuen Landesgrundsteuergesetz nicht berücksichtigt.

Finanzgericht billigt Land großen Spielraum für Gesetz zu

Die Klageseite beruft sich dabei auf ein Gutachten des Augsburger Steuerrechtlers Gregor Kirchhof. Allerdings hatte sich auch das Finanzministerium gutachterlichen Beistand geholt. Der Bochumer Steuerrechtler Roman Seer hatte dem Südwest-Grundsteuermodell Verfassungskonformität bescheinigt. Auf dessen Argumentation beriefen sich vor dem Finanzgericht auch die Vertreter der beklagten Finanzämter. Darüber hinaus geht es auch um die Ermittlung der Bodenrichtwerte und die Festlegung der Bodenrichtwertzonen. Die von den Gutachterausschüssen ermittelten Werte dienen als Grundlage für den Grundsteuerwert des Grundstücks. Diese Werte seien aber nicht exakt genug und das Verfahren zur Ermittlung der Bodenrichtwerte weder transparent noch rechtssicher, heißt es seitens der Kläger.

Doch das Finanzgericht sah das anders. Es sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes vereinbar, dass der Landesgesetzgeber entgegen der bisherigen Einheitsbewertung und auch abweichend von den Neuregelungen im Bundesgesetz, aber auch denen anderer Bundesländer ausschließlich das Grundstück ohne Berücksichtigung der Bebauung für die Steuererhebung heranziehe. „Das Land hat bei der Auswahl des Steuergegenstandes einen weiten Spielraum“, erklärte Brey. Und die von den kommunalen Gutachterausschüssen ermittelten Bodenrichtwerte seien „realitätsnah“ und deshalb rechtlich nicht zu beanstanden.

Kläger: Urteil ist enttäuschend, aber erwartbar

Zudem entschieden die drei Berufs- und zwei Laienrichter, dass das öffentliche Interesse an der Neuregelung der Grundsteuererhebung, die nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts notwendig geworden war, gegenüber dem Einzelinteresse der Kläger nach Verlässlichkeit der Steuerfestsetzung überwiege. Dies bezieht sich auf die in der Klage monierte Tatsache, dass bisher die Hebesätze für die Grundsteuer in den Kommunen noch nicht festgesetzt sind und damit der Steuerschuldner bislang nicht weiß, wie hoch seine Steuer ab 2025 tatsächlich ausfällt.

Das Urteil bezeichnen Kläger und Verbandsvertreter als enttäuschend. Es sei aber nach der mündlichen Verhandlung erwartbar gewesen. Sie hoffen nun, dass der Bundesfinanzhof zu einer anderen Bewertung kommt.

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