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Vom richtigen Umgang mit Vorwissen eines Bieters
Nicht selten beauftragen öffentliche Auftraggeber externe Unternehmen damit, sie bei der Vorbereitung von Vergabeverfahren sowie der Vergabeunterlagen zu unterstützen. Hierbei erstellen die vorbefassten Fachunternehmen zumeist Planungsunterlagen oder Teile der Vergabeunterlagen. Beabsichtigt ein vorbefasstes Unternehmen sich später an dem Vergabeverfahren zu beteiligen und ein Angebot anzugeben, stehen öffentliche Auftraggeber vor der sogenannten „Projektantenproblematik“.
Der öffentliche Auftraggeber muss den Projektanten nicht grundsätzlich vom Vergabeverfahren ausschließen. Vielmehr hat er durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass ein etwaiger Informations- und Wissensvorsprung, den der Projektant im Rahmen seiner Tätigkeit erlangt hat, den Wettbewerb im Vergabeverfahren nicht verzerrt und andere Bieter benachteiligt.
Ausgleichende Maßnahmen zur Wiederherstellung des Wettbewerbs
Bindet der öffentliche Auftraggeber einen Projektanten in die Vorbereitung des Vergabeverfahrens ein, muss er nach den Bestimmungen des Vergaberechts geeignete Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass der Wettbewerb im Vergabeverfahren nicht verzerrt wird. Geregelt ist das unter anderem in Paragraf 7 Absatz 1 der Vergabeverordnung (VgV), in Paragraf 6, Absatz 3, Nummer 4 der VOB/A-EU oder in Paragraf 5 Absatz 1 der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO).
Nicht zuletzt erhält der Projektant bei der Vorbereitung der Vergabeunterlagen eine Vielzahl an Informationen und kann sich intensiv mit dem Projekt auseinandersetzen und in die Umstände der Leistungserbringung einarbeiten. Ein Ausschluss des Projektanten vom weiteren Vergabeverfahren ist nur dann vergaberechtlich zulässig, wenn kein Mittel zur Verfügung steht, um den Wettbewerbsvorteil des Projektanten auszugleichen. Hierzu gehören unter anderem die Unterrichtung der anderen am Vergabeverfahren teilnehmenden Unternehmen in Bezug auf die Informationen, die der Projektant in der Vorbereitung des Vergabeverfahrens erhalten hat, die Veröffentlichung der Arbeitsergebnisse des Projektanten oder eine verlängerte Angebots- oder Teilnahmefrist.
Wie hoch die Anforderungen an öffentliche Auftraggeber im Umgang mit Projektanten sind, zeigt die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13. Mai. Nach der Entscheidung hatte der Projektant nicht nur einen Informations- und Wissensvorsprung, sondern auch einen zeitlichen Vorteil. Besonders kritisch bewertete das Gericht den Zeitvorteil, wenn der Auftraggeber die Durchdringung von Projektinhalten und die Entwicklung eigener Lösungsansätze bewerten möchte.
Tipps zum Umgang mit Projektanten im Vergabeverfahren
Vergabestellen können Maßnahmen empfohlen werden, um sicher mit der Projektantenproblematik umzugehen. Dazu gehört die frühzeitige Identifikation von Projektanten und die entsprechende Dokumentation. Bereits in der Planungsphase eines Vergabeverfahrens sollten Auftraggeber potenzielle Projektanten identifizieren. Gleichzeitig sollten Auftraggeber transparent dokumentieren, welche Informationen und Unterlagen der Projektant im Rahmen der Vergabevorbereitung erhalten hat.
Außerdem muss der öffentliche Auftraggeberfrühzeitig und sorgfältig prüfen, ob die Teilnahme eines Projektanten am Vergabeverfahren den fairen Wettbewerb beeinträchtigen könnte. Hierbei ist eine objektive Bewertung erforderlich.
Notwendige Ausgleichsmaßnahmen müssen vorbereitet werden. Sofern der Projektant eine wettbewerbsverzerrenden Wissens- und Informationsvorsprung hat, muss der Auftraggeber diesen durch geeignete Maßnahmen ausgleichen. Hierbei müssen alle während der Vorbereitung gesammelten relevanten Informationen offengelegt und zugänglich gemacht werden. Dies betrifft technische Spezifikationen, Hintergrundinformationen und alle anderen wesentlichen Daten, die für die Angebotsabgabe relevant sind.
Das letzte Mittel kann auch der Ausschluss eines Projektanten sein. Dieser ist jedoch nur dann zulässig, wenn die Offenlegung aller relevanten Informationen sowie andere Ausgleichsmaßnahmen nicht ausreichen, um eine Wettbewerbsverzerrung zu verhindern und die Gleichbehandlung der Bieter im Verfahren sicherzustellen.
Gerichtsentscheidung
Nach einer Entscheidung des OLG Düsseldorf (Urt. v. 13.05.2024 – VII Verg 33/23) kann der Projektant aufgrund seiner Vorbefassung nicht nur einen wettbewerbsverzerrenden Informationsvorsprung erlangen. Eine langfristige Unterstützung des Auftraggebers bei der Vorbereitung des Vergabeverfahrens begründet auch einen zeitlichen Wettbewerbsvorteil, der ausgeglichen werden muss. Dies gilt insbesondere, wenn der Auftraggeber – wie im zu entscheidenden Fall – die Durchdringung von Projektinhalten und die Entwicklung eigener Lösungsansätze bewerten möchte, da sich der zeitliche Vorteil dann besonders auswirken kann.