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Kommentar

Warum Europa für uns so wichtig ist

Man mag sich gar nicht vorstellen, was es bedeuten würde, wenn die Deutschen den Franzosen und die Franzosen den Deutschen die Freundschaft kündigten. Dabei waren Krieg und Streit über Jahrhunderte der Normalzustand. Ein Lob auf eine Beziehung, die so gut ist, dass sie auch den ein oder anderen Fauxpas verzeiht - aus Sicht eines Bundeslandes, das wie kein anderes darauf angewiesen ist, dass es ein vereinigtes Europa und die deutsch-französische Freundschaft gibt. Ein Kommentar von Michael Schwarz.

Man kann es ja mal (miteinander) versuchen: Olaf Scholz (rechts) und Emmanuel Macron mit Fischbrötchen.

dpa/Flashpic/Jens Krick)

Man muss sich nicht die Augen ausstechen und die Zähne ausschlagen, um irgendwann festzustellen, dass es besser ist zusammenzuarbeiten. Manchmal geschieht aber genau dies. Deutschland und Frankreich haben sich Jahrhunderte lang alles denkbare Leid zugefügt. Dann haben sie vor einem Dreivierteljahrhundert das Kriegsbeil begraben.

Und nun kann nicht einmal mehr ein ungleiches Paar, wie es Olaf Scholz und Emmanuel Macron nun mal sind, die gute Laune verderben. Denn die beiden Nationen wissen längst, was sie aneinander haben.

Das betrifft nicht nur die große Politik, die sich in zahlreichen, mehr oder weniger formellen Formaten austauscht: beim Fischbrötchen, beim Staatsbankett, bei der gemeinsamen Kabinettssitzung. 2200 Städtepartnerschaften haben dafür gesorgt, dass sich die beiden Völker kennenlernten. Mit Erfolg: 80 Prozent der Deutschen haben von den Franzosen und 80 Prozent der Franzosen von den Deutschen eine gute Meinung. Und das ist wichtig, denn ohne diese beiden würde Europa Schiffbruch erleiden, wirtschaftlich, aber auch ideell: Denn wer, wenn nicht sie, könnte die 27 ungleichen Nationen zusammenhalten?

Wenn Deutsche und Franzosen nicht an einem Strang ziehen, bekommen das alle Unionsbürger zu spüren – besonders aber die an der Nahtstelle am Oberrhein. Im Elsass und in Baden-Württemberg arbeitet nicht nur eine Viertelmillion beim jeweiligen Nachbarn; auch zu Einkauf und Freizeit fährt man gerne auf die andere Seite des Rheins.

Was hat sich hier nicht alles getan! Die Zoll- und Grenzkontrollen sind Vergangenheit. Stattdessen pendelt eine Straßenbahn im Minutentakt zwischen Straßburg und Kehl.

Da mag man bedauern, dass am Oberrhein immer mehr Englisch zu hören ist, weil immer weniger Deutsche Französisch und immer weniger Franzosen Deutsch lernen. Ganz zu schweigen vom allmählichen Verschwinden des Elsässischen.

Doch dieses Phänomen ist auch anderswo zu beobachten, etwa in der Schweiz, wo sogar Bürger ein und desselben Staates auf Englisch ausweichen, weil sie nicht alle vier Landessprachen beherrschen. Vielleicht hat Winfried Kretschmann ja Recht: In Zukunft genügen eine Weltsprache und die künstliche Intelligenz.

Die Wirtschaft jedenfalls lässt sich davon nicht beeindrucken: Der Außenhandel Baden-Württembergs mit Frankreich kennt seit 1950 fast nur eine Richtung – nach oben.

All dies stünde auf dem Spiel, sollten sich am 9. Juni jene durchsetzen, die nur auf den eigenen Vorteil schauen. Den Menschen in Baden und Württemberg ging es noch nie so gut. Dies und ein Blick auf die leidvolle europäische und speziell die deutsch-französische Geschichte sollten eigentlich als Gegengift gegen jede Art von Nationalismus reichen.

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