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Vorgaben an Auftragnehmer

Subunternehmer-Verbot nur teilweise erlaubt

Der europäische Vergaberecht kennt viele Gebote und Regeln. Ein explizites Selbstausführungsgebot, das einen Auftragnehmer verpflichtet, die Leistungen in jedem Fall selbst zu erbringen, kennt es aber nicht. Trotzdem gibt es unter bestimmten Umständen Möglichkeiten, für Teile eines Auftrags entsprechende Vorgaben zu machen.

Bei kritischen Teilprojekten eines Bauauftrags kann der Auftraggeber verlangen, dass Auftragnehmer diese selbst ausführt.

IMAGO/imageBROKER/Oleksandr Latkun)

Stuttgart. Kann ein öffentlicher Auftraggeber in einer europaweiten Ausschreibung vorgeben, dass ein Auftragnehmer die Leistung selbst ausführen muss? Eigentlich nicht, denn in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauaufträge oder für Dienstleistungen wird zwar die Möglichkeit eröffnet, ein Gebot gibt es aber nicht. Eher im Gegenteil: die Regelwerke erlauben wegen der Mittelstandsförderung ausdrücklich den Einsatz von Nachunternehmern.

Trotzdem kann es nach Ansicht der Vergabekammer (VK) Lüneburg Konstellationen geben, in denen der Auftraggeber zumindest für Teile der Leistung ein solches Selbstausführungsgebot vorgeben kann. Im Unterschwellenbereich ist die Sachlage klarer (siehe Infokasten).

Im vorliegenden Fall hatte der Auftraggeber im Rahmen eines größeren Projekts den Bau eines Tunnels ausgeschrieben. Gleichzeitig sollte ein Behelfsbauwerk sicherstellen, dass der Verkehr auch in der Baustellenphase fließen kann. Ausgeschrieben waren unter anderem auch der Rückbau der Umleitungsstrecke und der Anschluss der neuen Tunneltrasse an das bestehende Straßensystem.

Auftraggeber hat die Gründe für Auflagen ausführlich dokumentiert

Der öffentliche Auftraggeber verlangte, dass zwei von sechs der ausgeschriebenen Leistungen vom Auftragnehmer selbst ausgeführt werden müssen: der Tunnel und die Umleitungsstrecke. Der Auftraggeber bezog sich auf Paragraf 6d (EU-Teil) der Vergabe und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) . Danach kann ein Auftraggeber vorschreiben, „dass bestimmte kritische Aufgaben direkt vom Bieter selbst oder – wenn der Bieter einer Bietergemeinschaft angehört – von einem Mitglied dieser Bietergemeinschaft ausgeführt werden“.

Die Vergabekammer Lüneburg konnte sich auf eine vierseitige Dokumentation stützen, um nachvollziehen zu können, was am Bau des Tunnels und am Bau der Ausweichroute kritisch ist. Die ausführliche Dokumentation sorgte am Ende auch für einen eindeutigen Beschluss zugunsten des Auftraggebers. Letzterer hatte einen Bieter ausgeschlossen, der die Vergabe an einen Konkurrenten gerügt hatte, weil er Nachunternehmer für eben jene zwei Leistungsteile des Auftrags vorgesehen hatte.

Verkehrliche und volkswirtschaftliche Gründe für Ausschluss von Subunternehmern

Der Auftraggeber hatte zunächst verkehrliche und volkswirtschaftliche Gründe angegeben, warum die beiden Bauwerke als kritisch einzustufen sind. Weil es Verzögerungen im Planfeststellungsverfahren gegeben hatte, sei die ursprünglich vorgesehene Inbetriebnahme der Umleitung terminlich nicht zu halten.

Gleichzeitig komme die Brücke ans Ende ihrer Tragfähigkeit. Werde die Umleitung nicht rechtzeitig fertig, steigere dies das Risiko, dass im Falle einer Sperrung der Brücke „unmittelbar verkehrlich unhaltbare Zustände“ im Straßennetz der Stadt eintreten würden. Die Folge sei ein volkswirtschaftlicher Schaden.

In einem weiteren Punkt liefert der Auftraggeber auch eine technische Begründung für seine Vorgaben an die Bieter. Aufgrund der innerstädtischen Lage des Projekts und den daraus resultierenden beengten Platzverhältnissen könnten Umleitung und der Verlauf der Trasse für den Tunnel mit Blick auf die Herstellung und die Gewährleistung einer Baugrube nicht voneinander getrennt werden. Um die Qualität der Ausführung zu sichern, solle deshalb die Beteiligung eines „fachfremden Generalunternehmers“ vermieden werden.

Die VK Lüneburg hält den Ausschluss des rügenden Bieters für gerechtfertigt. Inhaltlich unterstützt die VK die Ansicht des Auftraggebers. Dieser habe bei der Bewertung, was kritische Aufgaben seien, einen gewissen Entscheidungsspielraum.

Selbstausführungsgebot nicht für kompletten Auftrag möglich

Gleichzeitig stellte die VK klar, dass ein Selbstausführungsgebot, für einen kompletten Auftrag nicht zulässig sei und auch nicht die Vorgabe eines Prozentanteils. Problematisch könnte die Bewertung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „kritischen Aufgabe“ sein. In den Regelwerken gibt es keine Aufzählung, was dazu gehört. Vergabekammern und Oberlandesgerichte haben sich noch nicht eingehend mit dem Thema beschäftigt.

Selbstausführungsgebot im Unterschwellenbereich generell möglich

Für Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Unterschwellenbereich ist ein Selbstausführungsgebot grundsätzlich zulässig. Dies umfasst bei Liefer- und Dienstleistungen nach Paragraf 26 der Unterschwellenvergabeverordnung Teile des Auftrags, aber auch die vollständige Leistung. Bei Bauleistungen ist besagt Paragraf 6, bei einem öffentlichen Vergabeverfahren könnten sich nur Unternehmen beteiligen, die zumindest einen Teil der Leistungen selbst ausführen.

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