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Ministerin beklagt militärische Restriktionen
Stuttgart. Die Stadtwerke Tübingen planen einen Windpark bei Kusterdingen. Tübingen und Kusterdingen haben dem auch zugestimmt. Auch die Untersuchungen des Geländes liegen vor. Es wurden Schall- und Schattenwurfprognosen, Streckenstudien, Vermessungen, Baugrunduntersuchungen, artenschutzrechtliche Untersuchungen sowie eine Ertragsprognose in Auftrag gegeben. Eigentlich könnte man starten. Doch das Genehmigungsverfahren ruht derzeit. Der Grund sind laufende Verhandlungen mit der Bundeswehr. Denn die drei geplanten Windkraftanlagen liegen in einer Hubschraubertiefflugstrecke des Militärs und stellen damit eine Gefahr für die Flugsicherheit dar.
Tieffluggebiete belegen Platz für Tausende Windkraftanlagen
Der geplante Windpark bei Kusterdingen ist nicht der einzige, der möglicherweise an Hubschraubertiefflugstrecken der Bundeswehr scheitern könnte. Noch wird verhandelt und werden Kompromisse geprüft. In Baden-Württemberg verhindern Hubschraubertiefflugstrecken und Radarmindestführungshöhen auf rund 8,2 Prozent der Landesfläche den Bau von Windkraftanlagen. Grundsätzlich wären auf dieser Fläche rund 4200 Windkraftanlagen möglich. Das machte Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) bei der Umweltministerkonferenz vergangenen Freitag in Schleswig-Holstein deutlich.
Auch in Bayern gibt es entsprechende Konflikte zwischen Bundeswehr und dem Ausbau der Windkraft, wie der bayrische Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) erläuterte. Zum Teil seien dort halbe Landkreise von den Restriktionen betroffen. Das führe unter anderem dazu, dass Windkraftanlagen näher an Siedlungen gebaut werden müssten.
- Nein 70%, 93 Stimmen93 Stimmen 70%93 Stimmen - 70% aller Stimmen
- Ja 25%, 33 Stimmen33 Stimmen 25%33 Stimmen - 25% aller Stimmen
- Mir egal 5%, 7 Stimmen7 Stimmen 5%7 Stimmen - 5% aller Stimmen
Große Teile des Kreisgebiets in besonders windhöffigen Gegenden betroffen
Denn innerhalb der von der Bundeswehr belegten Strecken, die zudem zu beiden Seiten einen Schutzkorridor von jeweils 1,5 Kilometern beanspruche, sind Windkraftanlagen grundsätzlich nicht genehmigungsfähig – oder nur sehr langsam in Einzelprüfungen.
In manchen Landkreisen sind große Teile des Kreisgebiets davon betroffen. Im Landkreis Biberach mit dem Bundeswehrstandort in Laupheim sind es rund 38 Prozent der gesamten Landkreisfläche. Im Main-Tauber-Kreis mit dem Standort Niederstetten entfallen rund 33 Prozent auf die Hubschraubertiefflugstrecken. Nach Angaben des Umweltministeriums gehören diese Raumschaften mit zu den besonders windhöffigen Gegenden im Südwesten. Insofern überlagern sich hier militärische Nutzung und Windkraftausbau.
Bundeswehr hat Bedarf an Tiefflugstrecken überprüft
Auf Drängen der Landesregierung hat die Bundeswehr inzwischen ihren Bedarf an Huschraubertiefflugstrecken überprüft. Nach der Bedarfsprüfung sind zwei Strecken ausgehend vom Flugplatz Laupheim entfallen. Dadurch hat sich der Flächenbedarf der Bundeswehr für die Tiefflugstrecken von ursprünglich 4083 Quadratkilometern, was 11,4 Prozent der Landesfläche entsprach auf 2924 Quadratkilometer und somit 8,2 Prozent der Landesfläche verringert.
Die Landesregierung ist allerdings weiterhin im Gespräch mit der Bundeswehr, um den Konflikt zwischen militärischen Belangen und dem Ausbau der Windkraft weiter zu reduzieren, heißt es im Umweltministerium. Bei einem Gespräch mit Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte im vergangenen Dezember hatte die Bundeswehr eine erneute Bedarfsprüfung angekündigt. Diese ist allerdings noch nicht abgeschlossen.
Bundesregierung will Infrastrukturprojekte beschleunigen
Im vergangenen Jahr hatte auch die Bundesregierung den Ländern Flächenziele für den Ausbau der Windenergie vorgegeben. Bis 2027 müssen 1,4 Prozent der Landesfläche für Windenergie bereitstehen, bis 2032 müssen es zwei Prozent sein. Zugleich haben sich SPD, Grüne und FDP in Berlin Ende vergangener Woche auch auf eine Novelle des Immissionsschutzgesetzes geeinigt. Damit sollen Genehmigungsverfahren deutlich verkürzt werden durch mehr Digitalisierung. Hinzu kommt eine Genehmigungsfiktion: Behörden sollen Einwände gegen Vorhaben bei einer Zentralstelle innerhalb eines Monats vorlegen müssen, andernfalls gilt die Zustimmung als erteilt. Damit sollen auch große Infrastrukturprojekte schneller vorangebracht werden. Auch das Repowering, also der Ersatz einer alten, kleineren Windkraftanlage durch eine größere und leistungsstärkere Anlage soll deutlich vereinfacht werden.
In Baden-Württemberg waren bis Mitte Mai 772 Windkraftanlagen mit einer installierten Leistung von 1778 Megawatt in Betrieb. Aktuell sind weitere 160 Windkraftanlagen genehmigt, aber noch nicht in Betrieb. 171 Anlagen befinden sich im Genehmigungsverfahren und weitere 289 Anlagen sind als geplante Projekte vorgestellt.