Debatte zur Bildungspolitik

War in Bebenhausen alles nur Theaterdonner?

So viel Bewegung war selten in der Landespolitik: Bildungsgipfel in Bebenhausen, grün-schwarzes Bildungspaket und Grundsatzdebatte im Landtag. Doch die Arbeit beginnt jetzt erst, die Opposition sucht weiterhin Gemeinsamkeiten.

Winfried Kretschmann mit Thomas Poreski (Grüne), CDU-Landeschef Manuel Hagel, Andreas Sturm (CDU) und Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne).

dpa/Bernd Weißbrod)

Stuttgart. Natürlich steht die große Frage im Raum: Wer trägt Schuld daran, dass der große Bildungsgipfel vergangene Woche im Kloster Bebenhausen geplatzt ist? Der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagt, er „bedauert, dass Sie unser Angebot nicht angenommen haben.“ Hingegen erklären SPD und FDP, der Regierungschef habe nur „Theaterdonner“ erzeugt: „Sie wollten diese Bildungsallianz nie“, ruft ein sichtlich enttäuschter Oppositionsführer Andreas Stoch (SPD).

Theaterdonner gab es tatsächlich. Wie Teilnehmer berichten, standen Stoch und der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke in Bebenhausen mitten in Kretschmanns Rede auf, es soll sogar ein Glas dabei umgefallen sein. Und auch im Landtag werden die Gegensätze deutlich. „Sie sind nur auf Druck aus dem bildungspolitischen Tiefschlaf aufgewacht“, schimpft Stoch, und Rülke spricht einmal mehr von einer „desaströsen Bilanz Ihrer 13 Regierungsjahre.“

Geplatzter Bildungsgipfel: SPD-Fraktionschef zeigt sich enttäuscht. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Die alten Fronten der Bildungsdebatte sind wieder da

Es ist also alles wieder beim Alten. Die Regierung lobt sich, Kretschmann zitiert die Stuttgarter Zeitung, die die grün-schwarze Einigung als „Wunder“ bezeichnet habe. Niemand habe es Grün-Schwarz zugetraut, das sei alles andere als selbstverständlich. „Ein starkes Bildungspaket, die größte Reform seit zehn Jahren, das ist bemerkenswert“, lobt der grüne Fraktionschef Andreas Schwarz, der eben erst von seiner Fraktion mit 85 Prozent wiedergewählt wurde. Und Bildungsministerin Theresa Schopper (Grüne), sichtlich verärgert über die harte Kritik der Opposition, sagt über sich selbst: „Es hat sich noch nie eine Bildungsministerin so intensiv um Grundschulen gekümmert.“ Sie verweist auf das beschlossene Sprachpaket, eine verpflichtende Sprachförderung und Juniorklassen ab 2026 in den Kindertagesstätten.

Einen Kommentar dazu lesen Sie hier.

Aber woran sind die Gespräche nun gescheitert? Von grüner Seite wird erzählt, die Opposition habe keine Vorschläge gemacht und sei sich nicht einig. Rülke sieht darin einen Widerspruch: „Beides gleichzeitig kann doch gar nicht sein.“ Es seien „Märchen und Legenden“, dass man keine Vorschläge gemacht habe.

Die Chancen auf eine Einigungen waren schlecht

Tatsächlich hatten im Vorfeld beide Seiten wenig Optimismus versprüht. Grüne und CDU waren froh, sich nach wochenlangem Ringen auf eine Position geeinigt zu haben. Schließlich hatte man sogar im Koalitionsvertrag 2021 festgehalten, keine Strukturreformen anzugehen.

Wer waren die Akteure beim Bildungsgipfel in Bebenhausen?

In Bebenhausen wie im Landtag fordern die Liberalen, die verbindlichere Grundschulempfehlung auch auf die Realschulen auszudehnen. SPD und FDP scheinen sich auf ein verpflichtendes, aber kostenfreies letztes Kindergartenjahr zu verständigen. Rülke hob als weitere Idee hervor, wie in Bayern Grundschullehrer in die Gehaltsstufe A13 zu befördern.

SPD und FDP finden überraschend Gemeinsamkeiten zur Bildung

Und das sind die interessanten Nebentöne dieser bisweilen sehr emotionalen Debatte. Denn Gemeinsamkeiten zwischen SPD und FDP in der Bildungspolitik, das hat man in der Landesszene bislang eher selten gesehen. Auffallend ist auch, dass der CDU-Fraktionschef Manuel Hagel, der voraussichtlich Spitzenkandidat der Union 2026 wird, auf scharfe Kritik an den Oppositionsparteien verzichtete. Und er sagt: „Das Bildungspaket ist ein richtiger und wichtiger Schritt, als CDU hätten wir uns das noch ambitionierter vorstellen können.“ Er sei offen für weitere Ideen und Beratungen. Sowohl Stoch als auch Rülke verweisen in ihren Reden lobend auf Hagel, und konzentrieren ihre Angriffe ganz auf den grünen Langzeit-Regierungschef.

Der nimmt erst mal die Emotionen heraus. Nachdem Kultusministerin Schopper sogar vom Landtagsvizepräsidenten Wolfgang Reinhardt (CDU) ermahnt wurde, verzichtet Kretschmann auf eine Entgegnungsrunde. Schopper erinnert an den „ausgestreckten Arm“ der Regierung, und meint: „Ich muss das ja alles noch administrieren.“ Denn die eigentliche Arbeit, sie beginnt erst jetzt.

Grün-Schwarzes Bildungspaket

Grüne und CDU haben sich darauf verständigt, G9 ab 2025/26 für die Klassen 5 und 6 aufbauend einzuführen. Haupt- und Real- und Gemeinschaftsschulen sollen Verbünde bilden und mit Gymnasien kooperieren. Die Grundschulempfehlung besteht aus einem Vergleichstest in Klasse 4, dem Elternwunsch und der Lehrereinschätzung, bei Dissens gibt es einen Aufnahmetest. Zudem gibt es 100 Millionen Euro für die Sprachförderung in Grundschulen und Kitas.

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