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Nachgehakt: Klimaschutz

Kretschmann will nicht so streng sein

Nachdem die Ampel in Berlin ihre Vorgaben zur CO2-Minderung abgeschwächt hat, stehen die „Sektorziele“ auch in Baden-Württemberg stark unter Druck. So sehr, dass Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) sogar öffentlich ihrem Regierungschef widerspricht.

Die Autos stehen im Stau, der CO2-Ausstoß steigt und die Klimaziele geraten ins Wanken: Diese Dynamik ist derzeit in der Politik zu beobachten.

dpa/Marijan Murat)
Wie fällt Baden-Württembergs Zwischenbilanz auf dem Weg zur Treibhausneutralität bis 2040 aus?

Erst vor wenigen Tagen hat die Umweltministerin erneut das weitere Vorgehen erläutert. Demnach müssen bis 2030 entsprechend dem Klimaschutzgesetz des Landes 65 Prozent der CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 eingespart werden. Bisher von weiteren Maßnahmen entlastet durch Erreichung von Zwischenzielen ist die Forstwirtschaft. Alle anderen Bereichen, die Energie- und die Landwirtschaft, die Abfallwirtschaft, die Industrie, der Gebäudesektor und der Verkehr müssen ihren Ausstoß um 39 bis 88 Prozent senken. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat das Vorgehen dennoch problematisiert, einerseits, weil das Land auf der Wegstrecke zu wenige rechtliche Möglichkeiten haben könnte, um die Vorgaben tatsächlich zu erfüllen. Und weil die Zustimmung der Bevölkerung, wenn Einschränkungen näherkommen, verlorengehen könnte.

Gibt es Anzeichen für einen Stimmungsumschwung?

Bei der jetzt zu Ende gegangenen digitalen Bürgerbeteiligung bekommt die Landesregierung Zuspruch von vielen Kommentatoren. Interessierte waren aufgerufen, selber Maßnahmen vorzuschlagen. Nachts könnten Ampeln und Straßenlaternen auf ein Minimum reduziert werden, schreibt ein User. Ein anderer spricht sich für „mutiges Umsetzen von zum Beispiel autofreien Innenstädten und Ortskernen“ aus. Auch wird die alltägliche Situation vor Schulen und Kitas von einer Kommentatorin beschrieben. Elterntaxis müsse die Zufahrt in einem „gewissen Umkreis“ untersagt werden. Manche Ideen könnte das Land mangels Zuständigkeit gar nicht realisieren, zum Beispiel Tempo 100 auf Autobahnen. Andere fänden mit größter Wahrscheinlichkeit kaum eine politische Mehrheit. „Keine neuen Straßen mehr bauen“, appelliert etwa ein Teilnehmer.

Wie steht Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) zur von der Ampel eingeführten Verrechnung der Einsparungen über alle Bereiche?

Wie Walker will auch Hermann die Bundesregierung im Land nicht kopieren. Denn der Verkehr verursache rund ein Drittel der CO2-Emissionen. Das könnten andere Sektoren, gerade jene, „die sich selbst mit der Reduktion schwertun, nicht kompensieren“, sagt er. Auf seiner Seite weiß er unter anderen die Energieökonomin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), die die Aufhebung der Sektorziele als „großen Fehler“ bezeichnet hat: Nach Ansicht von Claudia Kemfert werden damit die Verantwortlichkeiten verwischt. Die Bundesregierung rechne sich die Erreichung ihrer Klimaschutzziele bis 2030 schön in der Annahme, „dass konjunkturelle Einbußen und ein geringerer Stromverbrauch die Klimaschutzziele in Reichweite rücken lassen“.

Wie will Kretschmann weiter vorgehen?

Das „Sektorenparadigma“ soll überprüft werden. Konkret unter anderem, „wie die Wirtschaft und die Bevölkerung mitgehen kann, wo es Ordnungsrecht und wo es stattdessen Förderung braucht“. Der Ministerpräsident spricht sogar davon, die Maßnahmen neu zu komponieren und zu debattieren. Beifall bekam der Grüne aus der CDU und von der Wirtschaft. „Wir fordern eine Reform der starren Ziele schon seit langem“, so der Hauptgeschäftsführer des Verbands Unternehmer Baden-Württemberg, Oliver Barta. Ein sektorübergreifender Ansatz bei der CO2-Minderung eröffne „den Akteuren mehr Flexibilität, die Einsparpotenziale dort zu realisieren, wo dies am effizientesten möglich ist, während die derzeit geltenden kleinteiligen Sektorenziele hingegen kontraproduktiv und wettbewerbsschädigend sind“.

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