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Cannabis-Legalisierung lässt Kommunen in der Luft hängen
Stuttgart . Die Teil-Legalisierung von Cannabis sorgt für viel Klärungsbedarf auf kommunaler Ebene. Seit April darf im öffentlichen Raum gekifft werden, allerdings nicht „in unmittelbarer Gegenwart von Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben“.
Das Konsumverbot in und an Schulen, Spielplätzen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, öffentlichen Sportstätten und Fußgängerzonen „und deren Sichtweite“ macht die Drogen-Legalisierung kompliziert.
Für den Gemeindetag ist das Gesetz ein Beispiel für schlechte Rechtssetzung. Grundsätzlich würden sich in den Städten und Gemeinden zahlreiche Umsetzungsfragen stellen.
Wer sich nicht an die Regeln hält, und trotz Verbot auf Schulhöfen oder Spielplätzen kifft, der begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss mit einer Geldbuße rechnen. Doch wer kontrolliert das neben der Polizei noch? Die Kommunalen Ordnungsdienste sind zur Überwachung berechtigt, aber nicht verpflichtet, erklärt Sebastian Ritter, Dezernent beim Städtetag. Laut dem Gemeindetag würde dafür ohnehin das Personal fehlen: „In unseren Rathäusern gibt es keine freie Kapazität, sich um diesen Gesetzesvollzug zu kümmern. Darauf haben wir schon während dem Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich hingewiesen“, betont Präsident Steffen Jäger.
In Stuttgart wurden bislang keine Bußgelder verhängt
Gezielte Kontrollen durch den Gemeindevollzugsdienst hat beispielsweise die Stadt Weil am Rhein bislang nicht eingeplant. Dies liege unter anderem an der begrenzten Kapazität, aber auch an der unklaren Rechtslage im Cannabiskonsumgesetz, erklärt ein Sprecher. Insbesondere besteht „unseres Erachtens noch Klärungsbedarf bezüglich der Sichtweitenregelung. Ist allein der Abstand maßgeblich oder kommt es auch darauf an, dass tatsächlich eine Sichtbeziehung zur Einrichtung besteht?“
In Stuttgart wurden bislang keine Bußgelder verhängt, die Stadt verweist ebenfalls auf den Klärungsbedarf und auf die kurze Geltungsdauer des Gesetzes. Die Frage nach dem Sichtbezug beschäftigt auch andere Kommunen. Der Städtetag ist derzeit dabei, sie mit dem Sozialministerium zu klären.
Könnte das Land selbst eine Bubatz-Karte erstellen?
Helfen könnte den Ordnungsdiensten eine Karte, auf der die Tabuzonen eingezeichnet sind. Eine grobe Orientierung, wo der Konsum nicht erlaubt ist, liefert die „Bubatz-Karte“. Sie wurde jedoch von einer Privatperson erstellt. Könnte das Land selbst eine solche Karte erarbeiten? Zum jetzigen Zeitpunkt sei das nicht geplant, heißt es aus dem Sozialministerium.
Selbst wenn klar ist, wer wo kontrolliert, ergeben sich weitere Fragen: Etwa, wie hoch das Bußgeld ist, wenn jemand mit einem Joint auf dem Spielplatz erwischt wird.
Ein Bußgeldkatalog, den die Länder vorgeben können, liegt im Südwesten, anders als im Nachbarland Bayern, noch nicht vor. Bislang ist die Spanne der möglichen Beträge sehr groß: Ein Verstoß gegen die Regeln kann laut Gesetz mit mindestens fünf und höchstens 30 000 Euro sanktioniert werden.
Städtetag für einheitlichen Bußgeldkatalog
„Wenn eine Stadt nun 150, eine andere 20 und wieder eine andere 50 Euro verlangen würde, dann wäre die Akzeptanz nicht mehr gegeben. Hier braucht es Leitplanken durch den Bußgeldkatalog“, erklärt Ritter. Der Städtetag hat gegenüber dem Sozialministerium angeregt, eine Empfehlung mit Rahmen- und Regelsätzen zu geben. Die Fragen zu den Ordnungswidrigkeitenverfahren würden gegenwärtig unter den beteiligten Ressorts abgestimmt und geklärt, heißt es vom Sozialministerium.
Noch etwas Zeit hat das Land, mit einer Rechtsverordnung zu regeln, welche Behörde die Anbauvereinigungen genehmigt und kontrolliert. Die Vereinigungen sollen Cannabis zum Eigenbedarf der Mitglieder anbauen dürfen. Erst ab Juli können sie das bei den Behörden beantragen. Laut dem Sozialministerium sollen die Regierungspräsidien mit der Kontrolle der Vereinigungen betraut werden. Aber: Das Bundesgesundheitsministerium arbeite momentan Bundesrecht aus, das für die Erlaubnisverfahren „von erheblicher Relevanz ist“ und bis Anfang Juli vorliegen wird.
Von einem Kiffertourismus, wie ihn Innenminister Thomas Strobl (CDU) befürchtet, ist beispielsweise in Weil am Rhein (Kreis Lörrach) noch nichts zu spüren. „Bislang haben wir noch keine spürbaren Veränderungen im öffentlichen Raum festgestellt“, so der Sprecher der Stadt im Dreiländereck.
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