Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Vergabe nach VOL/A ist bei Beschaffern weiter beliebt
Stuttgart . Es ist nur eine Frage der Zeit bis die Vergabe- und Vertragsordnung für Liefer- und Dienstleistungen ( VOL /A) ganz von den Schreibtischen der Vergabestellen verschwindet. Seit 1. Oktober 2018 ist in Baden-Württemberg die Unterschwellenvergabeverordnung ( UVgO ) in Kraft, die die Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb einer bestimmten Auftragssumme regelt.
Zum Einsatz kommt die VOL /A allerdings immer noch, weil die UVgO bislang nur für Landesbehörden verpflichtend ist, den kommunalen Auftraggebern wird die Anwendung der UVgO lediglich empfohlen. Zahlreiche Kommunen folgen dieser Empfehlung, aber nicht alle.
Freihändige Vergabe heißt in der UVgO Direktauftrag
VOL /A und UVgO besitzen Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten. Das betrifft beispielsweise die Frage, welche Verfahrensart für einen öffentlichen Auftrag gewählt wird. In beiden Fällen sind die gängigen Formen, also öffentliche Ausschreibung, beschränkte Ausschreibung mit und ohne Teilnahmewettbewerb oder eine freihändige Vergabe erlaubt – je nach Volumen des Auftrags. Die freihändige Vergabe wird in der UVgO nur anders benannt und heißt dort Direktauftrag. Oder aber die Prüfung von Angeboten: nach beiden Regelwerken muss formal geprüft werden, ob ein Angebot vollständig ist und die angegebenen Preise möglicherweise unangemessen niedrig sind.
Die Unterschiede zwischen VOL /A und UVgO sind also nicht besonders groß. Wer genau hinschaut, erkennt dennoch welche. So ist die UVgO mit einem Umfang von 54 Paragrafen länger als die VOL /A, erklärte die Vergaberechtlerin Claudia Jürschik von der Stuttgarter Kanzlei Oppenländer bei einem Online-Seminar des Staatsanzeigers vor wenigen Tagen. Weil sich der Aufbau der UVgO inhaltlich stark am Vergaberecht der Europäischen Union orientiere, mache der etwas größere Umfang aus Sicht der Vergaberechtlerin aber durchaus Sinn. „Die Unterschwellenvergabeverordnung verweist an vielen Stellen auf das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen“, so Jürschik . Dieses Gesetz für europaweite Ausschreibungen hat seinen Ausgangspunkt in der EU-weit gültigen Vergaberechtsrichtlinie aus dem Jahr 2014, die in Deutschland zwei Jahre später umgesetzt wurde.
Die UVgO präzisiert, vereinfacht oder berücksichtigt veränderte Gegebenheiten. So wird in der VOL /A aus dem Jahr 2009 die Veröffentlichung von Ausschreibungen in klassischen Printmedien wie Tageszeitungen oder Fachzeitschriften noch als erste Wahl genannt – neben einer Publikation auf Internetportalen. Das hat sich gedreht: in der UVgO steht das elektronische Ausspielen von Ausschreibungen jetzt ganz oben auf der Agenda. Die Veröffentlichung in Tageszeitungen ist hingegen eine freiwillige Sache geworden. Oder die Verfahrensart: Während die VOL /A der herkömmlichen öffentlichen Ausschreibung Vorrang einräumt, ist in der UVgO die Rede davon, dass ein Auftraggeber die Verfahrensart „nach seiner Wahl“ aussuchen kann.
Die UVgO erlaubt Auftraggebern, Unterlagen von Bietern nicht nachzufordern, wenn diese beim Angebot fehlen. „Man muss aber überlegen, ob es klug ist, dies in eine Ausschreibung aufzunehmen, wenn Auftraggeber ein attraktives Angebot vorliegen haben, das sie dann ausschließen müssen“, warnt Joachim Ott, Fachanwalt für Vergaberecht bei der Kanzlei Oppenländer .
Auch beim Ausschluss von Bietern verfolgt die UVgO einen anderen Ansatz. So kann ein Bieter, der bei einem anderen Auftrag, bei dem er nachweislich eine „Schlechterfüllung“ des Vertrags begangen hat, von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausgeschlossen werden (§ 31 Abs. 1 UVgO ).
Auftraggeber kann Ausschreibung leichter aufheben
Ferner räumt die UVgO dem Auftraggeber einen weiten Ermessensspielraum in der Frage ein, ob ein Verfahren zum Abschluss gebracht werden muss. Nach der VOL /A geht dies dagegen nur, wenn kein Angebot eingegangen ist, sich der Beschaffungsgegenstand vollständig verändert hat oder kein wirtschaftliches Angebote eingegangen ist.
Seminare des Staatsanzeigers unter: https://akademie.staatsanzeiger.de
Aufträge bis zu einem Volumen von 221 000 Euro (netto).
Die Unterschwellenverordnung gilt im Bereich der Liefer- und Dienstleistungen bei Aufträgen bis zu einem Volumen von 221 000 Euro (netto). Der Wert wurde zum 1. Januar dieses Jahres angehoben. Er lag zuvor bei 215 000 Euro. Die EU-Kommission passt die Werte alle zwei Jahre an. Der deutsche Gesetzgeber hat entschieden, dass man sich der Dynamik der europäische Wertgrenzen anpasst. Damit gelten die neuen EU-Schwellenwerte automatisch auch in Deutschland.