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Oberbürgermeisterwahlen

Rechtsstreit in Rottenburg und Frotzeleien in Freudenstadt

In Rottenburg am Neckar hat nach dem zweiten Wahlgang nun doch Oberbürgermeister Stephan Neher gewonnen. In Freudenstadt geht es am Sonntag um die Osswald-Nachfolge. Der OB kandidiert nach zwei Amtsperioden nicht mehr. 

Matthieu Wölper, Tore-Derek Pfeifer und Adrian Sonder (von links) werben um das Vertrauen der Freudenstädter.

Volker Rath)

Freudenstadt/Rottenburg am Neckar. Drei Männer wollen dem Freudenstädter CDU-Oberbürgermeister Julian Osswald nachfolgen, einer bodenständig mit lokalem Bezug, ein zweiter bringt bundes- und landespolitische Erfahrung mit, ein dritter bewegt sich auf internationalem Parkett. Ihnen gemeinsam dürfte die bürgerliche Verortung sein.

Problemaufriss des Nachbarbürgermeisters

Tore-Derek Pfeifer sieht die Schwarzwaldstadt nicht im besten Zustand, der Zusammenhalt habe gelitten, so seine Diagnose. Pfeifer wirbt besonders um die Wähler in den acht Stadtteilen, als deren Kandidat er sich bezeichnet. Außerhalb der Kernstadt lebt rund ein Drittel der 24 000 Einwohner. Pfeifer verspricht den Ortschaften mehr Beinfreiheit und will über deren Budget verhandeln.

Verwaltungsexperte aus Glatten

Der Bürgermeister des 2500-Seelen-Dorfes Glatten, einer Nachbarkommune Freudenstadts, empfiehlt sich den Wählern als Verwaltungsexperte. Der 53-Jährige sitzt im Kreistag als Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler. Die örtliche Wählervereinigung habe ihn daher zum Wunschkandidaten ernannt, er bezahle aber seinen Wahlkampf selbst.

Sicht durch getönt Scheiben

Den wohl größten Marktplatz der Republik will er ebenso beleben wie den Einzelhandel. Beim Wohnungsbau setzt er auf Innenentwicklung, oft bringt er bei der Kandidatenvorstellung am Montag Ökothemen ins Spiel. Und er betont seine Bodenhaftung, ihn treffe man, wo er den Alltag mitbekomme, so wie das der von ihm geschätzte CDU-Politiker Wolfgang Bosbach fordere, der nichts von der Weltsicht durch die getönten Scheiben der Dienstfahrzeuge halte. Damit stichelt Pfeifer gegen den CDU-Politiker Adrian Sonder.

Bewerber unterhält beste Kontakte in die Bundes- und Landes-CDU

Sonder war in Berlin bei Bundestagsabgeordneten beschäftigt, darunter dem Ex-Generalsekretär der Bundes-CDU, Paul Ziemiak. Später arbeitete der Baden-Badener in Stuttgart als Landesgeschäftsführer der Südwest-CDU. Den Posten übt er wegen der Kandidatur in Freudenstadt und nach dem Antritt von Manuel Hagel als Landesvorsitzender nicht mehr aus. Jetzt ist er Referent im Landesverband. Geld der CDU nehme er als unabhängiger Kandidat nicht, auch gebe es keine offizielle Unterstützung der örtlichen Partei. Nur Spenden wickelt er über den Kreisverband ab.

„In Stuttgart und Berlin war ich schon“

Der 34-jährige Verwaltungswissenschaftler spricht von einer Entscheidung bei der OB-Wahl über die kommenden 20, nicht acht Jahre. Seine politische Karriere richte sich auf Freudenstadt, „in Stuttgart oder Berlin war ich schon“. Kita und Schule, Vereine, Wirtschaft oder Tourismus treiben ihn um, die ortschaftliche Unabhängigkeit betont Sonder weniger. Dafür betont er, dass am Sonntag eine politische Führung bestimmt werde, keine weitere Verwaltungskraft fürs Rathaus – eine Spitze gegen Pfeifer.

Lob für fairen Umgang

Dennoch loben sich die Kandidaten für den fairen Umgang, das gilt auch für den dritten Bewerber, der seinen Hut von Paris aus in den Ring geworfen hat. Matthieu Wölper arbeitet als Politologe im Büro des Gesandten in der Wirtschaftsabteilung der deutschen Botschaft. Der Sohn eines Freudenstädter Handwerkers und einer französischen Mutter ist zweisprachig und hatte ganz am Anfang seiner Karriere sogar kurz in der CDU-Fraktion im Bundestag gearbeitet.

Kein klassischer Politiker

Ein klassischer Politiker ist der 43-Jährige laut Selbstauskunft nicht, so gehörte er keiner Partei an, werde von keiner unterstützt und bezahle die Wahlkampfkosten selbst. Auch habe Wölper keine Antwort auf alle Fragen. Er werde im Rathaus die Expertise der Fachleute nutzen. Bei der an unkonkreten Vorschlägen reichen Kandidatenvorstellung überraschte er mit der Idee, die alte Feuerwache in ein Jugendhaus umzuwandeln.

Applaus und spezielle Fragen

Doch bei der Veranstaltung im Kurhaus bekam Mitbewerber Sonder den meisten Applaus, junge Stimmen jubelten. Drei, vier Fragen gingen speziell an Pfeifer, sonst richteten sich die Wortmeldungen an alle Kandidaten. Ein Leitmotiv fehlte; Wohnungsbau, Marktplatz-Tunnel, ÖPNV, Wärmeplanung oder Bürgerbeteiligung wurden aufgerufen.

Großes Interesse der Bürger

Der Saal des Kurtheaters und ein benachbarter Kongresssaal waren mit rund 1200 Menschen voll besetzt. Trotz dieser Interessenbekundung mahnte Oberbürgermeister Osswald zur Wahl zu gehen. Beispiele für niedrige Wahlbeteiligungen gibt es bei Bürgermeisterwahlen ja oft, Rottenburg am Neckar bot am Sonntag ein weiteres mit knapp 45 Prozent.

Ortschaftsrätin soll Fake-News verbreitet haben

Dort setzte sich Oberbürgermeister Stephan Neher (CDU) in einer Stichwahl gegen den parteilosen Konkurrenten Klaus Weber durch. Zuletzt hatte der Wahlkampf deutlich an Schärfe zugelegt. Neher hatte eine Ortschaftsrätin angezeigt, die Fake-News auf Whats-App verbreitet haben soll. Sie hatte unter anderem falsche Angaben zum Flächenverbrauch im größten Ortsteil gemacht. Das Amtsgericht Rottenburg untersagte der Ortschaftsrätin, die falschen Tatsachenbehauptungen weiterzuverbreiten.

Kommunalwahl könnte Wiedersehen bringen

Künftig könnten beide Kontrahenten sich im Gemeinderat wiedersehen. Weber hatte vor dem ersten Wahlgang eine eigene Liste für die Kommunalwahl gegründet.

Leutkirch wählt im Juni

Die nächste Oberbürgermeisterwahl nach der in Freudenstadt findet im Allgäu statt. Hans-Jörg Henle will es am 9. Juni in Leutkirch wieder wissen. Das hatte er bereits im vergangenen Oktober angekündigt. Der 60-jährige OB bewirbt sich damit für seine dritte Amtszeit. Gegenkandidaten gibt es laut Auskunft des Rathauses bisher nicht, die Frist läuft bis 13. Mai. Henle ist seit 27 Jahren Rathauschef. Vor seinem Amtsantritt in Leutkirch war er elf Jahre Bürgermeister in Haiterbach. Obwohl parteilos saß er damals für die CDU im Calwer Kreistag, heute gehört er der CDU-Fraktion im Ravensburger Kreistag an.

Von Peter Schwab und Philipp Rudolf

Die Stichwahl in Rottenburg ist entschieden: Amtsinhaber Stephan Neher setzt sich gegen den Allgemeinmediziner Klaus Weber durch. Foto: dpa / Pressebildagentur ULMER

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