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Stadtentwicklung

Warum in Langenargen die Ortsentwicklung stockt

Natur- und Artenschutz über alles? Für den Langenargener Rathauschef Ole Münder sind die Restriktionen der Bürgerschaft kaum mehr zu vermitteln. Selbst Projekte der Energiewende würden mit harschen Vorgaben ausgebremst oder unmöglich gemacht.

Bürgermeister Ole Münder würde seine Bodenseegemeinde Langenargen gerne weiterentwickeln, doch so manche büroktratische Hürde bringt seine Kommune ins Stolpern.

Langenargen . Bürgermeister Ole Münder hat ein Problem. Vor gut einem Jahr hat sich erstmals eine Mehrheit bei einem Bürgerentscheid dafür ausgesprochen, die Streuobstwiese am Mooser Weg zu bebauen. Nun erwarten Bürger und Rat in Langenargen (Bodenseekreis), dass die 5600-Quadratmeter-Fläche auch für Wohnbauzwecke entwickelt wird.

„Nicht entweder oder, sondern beides“

Doch so einfach geht das nicht. Die Umwandlung von Streuobstwiesen zu Bauland ist nur erlaubt, wenn das öffentliche Interesse daran überwiegt. Der parteilose Bürgermeister Münder hat den Antrag beim Landratsamt schon vor Monaten gestellt. Das ist aber nicht das einzige Problem. „Es wird nur mit hohem Einsatz möglich sein, diese Fläche am Mooser Weg naturschutzrechtlich auszugleichen“, stellt er klar. Soll die Streuobstwiese bebaut werden, braucht die Gemeinde rund 11 000 Quadratmeter, also die doppelte Fläche, im Umkreis von maximal drei Kilometer in dieser Qualität. „Und wir brauchen bis zu 160 000 Ökopunkte. Nicht entweder oder, sondern beides“, so der Bürgermeister. Zwar hätte Langenargen genügend Punkte, doch der Vorrat würde so sehr schrumpfen, dass für andere Projekte kaum etwas übrig bleibt, auch weil die Gemeinde kaum über eigene Flächen verfügt. Die am Mooser Weg ist eine der wenigen.

Die Schwierigkeiten waren schon vor dem Bürgerentscheid bekannt

Dass es schwierig wird, die Streuobstwiese zu Bauland zu machen, war schon vor dem Bürgerentscheid klar. Münder wurde nicht müde, darauf hinzuweisen. Trotzdem ärgert er sich über die drohende Hängepartie. „Den Natur- und Artenschutz zu respektieren und einzuhalten, ist in diesen Zeiten das Gebot der Stunde. Was ich massiv kritisiere, ist die fehlende Verhältnismäßigkeit“, sagt er. Langenargen darf laut Regionalplan nicht wachsen, ist also auf seine Eigenentwicklung beschränkt. Doch selbst die sieht der Bürgermeister bei all den Restriktionen gefährdet. „Außerhalb unserer Siedlungen ist inzwischen fast jeder Quadratmeter kartiert, mit Festlegungen vom Grünzug bis zum Naturschutzgebiet. Das heißt, wir haben kaum noch Spielraum“, beklagt er. Auch nicht für politisch erwünschte Projekte wie die Energiewende.

Gemeinde will sich am Bodensee wärmen

So will Langenargen die Wärme des Bodensees nutzbar machen, ein herausforderndes Projekt für die Kommune mit ihren 8000 Einwohnern. Inzwischen ist klar, dass der Bau nötiger Anlagen an der Uferlinie mit hohen Hürden belegt sein wird. Der Regionalplan sieht hier ein Vorranggebiet für Naturschutz und Landschaftspflege vor. Für den Bürgermeister geht beides nicht zusammen. „Wenn wir wollen, dass es mit der Energiewende vorangeht, dann müssen solche Planungen auch mit dem entsprechenden öffentlichen Interesse gewichtet werden“, sagt er. Doch das Gegenteil passiere.

Projekt platzt nach Behördenmarathon

Münder verweist auf ein Projekt, das nach zweieinhalb Jahren und einem langen Behördenmarathon geplatzt ist. Ein Investor wollte auf einer alten Deponie eine Anlage für Freiflächen-Photovoltaik bauen, den Strom in grünem Wasserstoff speichern und einen Teilort mit Energie versorgen. „Das hätte ein Modellprojekt werden können“, so Münder. Eine Genehmigung gab’s aber nicht, die Deponie ist als Rastplatz für Zugvögel ausgewiesen. Münders Frust sitzt tief: „Wir stecken so viel Kraft, Geld und Zeit in Planungen, um am Ende feststellen zu müssen, dass ein Projekt nach dem anderen vom Tisch gefegt wird. Ich würde mir bei solchen Fragen mehr Beweglichkeit wünschen.“

Kommunale Selbstverwaltung ist eingeschränkt

Aus seiner Perspektive beschneiden zahlreiche Gesetze und Restriktionen in der Planung das Recht auf kommunale Selbstverwaltung der Gemeinden. „Der Gesetzgeber stellt uns Sportschuhe vor die Tür und sagt: Lauft los, ihr habt einen anspruchsvollen Weg vor euch. Gleichzeitig werden die beiden Schuhe derart eng zusammengeschnürt, dass wir nur noch millimeterweise vorwärtskommen“, so Münder. So werde Entwicklung abgewürgt. Er selbst könne diesen Widerspruch weder auflösen noch der Bürgerschaft vermitteln.

Mehr Wohnraum und ein neues Pflegeheim werden gebraucht

Trotz der Beschränkung auf Eigenentwicklung brauche der Ort neben mehr Wohnraum dringend ein neues Pflegeheim. Zwei Grundstücke, beide etwa drei Mal so groß wie die Streuobstwiese, hat die Gemeinde dafür im Blick: Flächen, die der Innenentwicklung dienen. „Wir planen also keinen Flächenfraß nach außen. Doch auch diese Grundstücke wurden mit Restriktionen belegt. Das ist zu viel des Guten“, so Münder.

Zwei Bauprojekte auf einmal – das geht nun wirklich nicht

Am Ende muss sich der Gemeinderat wohl entweder für den Wohnbau am Mooser Weg oder das Pflegeheim entscheiden. Denn wegen der begrenzten Möglichkeiten zum Flächenausgleich wird nicht alles gleichzeitig gehen. „Wir müssen tatsächlich priorisieren“, sagt der Bürgermeister, wohl wissend, dass es hierbei keinen Gewinner geben wird.

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