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Politische Themen sind in den Verhandlungen tabu
Stuttgart. Das Lamento von der überbordenden Bürokratie ist alt, nun aber stehen 300 Forderungen auf dem Prüfstand, von denen sich die öffentliche Verwaltung und die Wirtschaft Erleichterungen versprechen. Das ist die aktuelle Diskussionsgrundlage, für die Mitglieder der Entlastungsallianz.
Verbände sammeln Hunderte von Vorschlägen
Dazu haben die Kommunalverbände Baden-Württembergs ordentlich Input gegeben, der Landkreistag hat rund 200 Vorschläge an die Geschäftsstelle im Staatsministerium geschickt, die Kollegen vom Städtetag nach einer Umfrage unter den Mitgliedern sogar eine Liste von 300 Punkten. Der Gemeindetag hüllt sich dagegen in Schweigen, Vertraulichkeit sei vereinbart worden.
Aktuell werden 150 Themen in der Entlastungsallianz diskutiert
Von den Forderungen der acht beteiligten Verbände werden in den neun Arbeitsgruppen rund 150 Themen diskutiert, die Arbeit verlaufe ergebnisorientiert, heißt es vom Sitz des Ministerpräsidenten, es werden zu allen Punkten Ergebnisse erwartet. Eine erste Ergebnisliste hatte es bereits im Februar gegeben, dabei wurde zum Beispiel der Wegfall der Schrifterfordernis beim Online-Zugangsgesetz und höhere Wertgrenzen für beschränkte Vergaben beschlossen.
Niedrig hängende Früchte
Von niedrig hängenden Früchten war dabei die Rede, da in den Arbeitsgruppen schnell Einigkeit herzustellen war. Der Hauptgeschäftsführer des Landkreistags, Alexis von Komorowski , spricht von überfälligen Reformen im Vergaberecht, die EU-Regelungen zur Bürokratieerleichterung ohnehin vorgegeben hatten. Bereits umgesetzt sind Zuständigkeitsverschiebungen bei bestimmten Verwaltungsaufgaben von Schulen auf die Schulverwaltung, eine Vereinfachung der Schulbaufinanzierung und niedrigere Hürden bei der Freigabe von neuen Strecken für Lang-Lkw.
Verhandlungen werden komplexer
Unterdessen werden die Verhandlungen offenbar komplexer , Themen wie Dokumentationspflichten rücken in den Mittelpunkt. Dabei, so erlebt es der Hauptgeschäftsführer des Städtetags, Ralf Broß , zeige die andere Seite immerhin Verständnis für die Forderungen der Verbände, aber nicht unbedingt für deren Umsetzung. Er empfiehlt Flexibilität bei der Erwartungshaltung auch der staatlichen Seite, gerade vor dem Hintergrund mangelnder Personal- und Finanzressourcen auf der kommunalen Ebene.
Politische Forderungen und ihre Diskussionswürdigkeit
Ganze Themenbereiche sind aus den Verhandlungen ausgenommen, das Stichwort heißt „politische Forderungen“. So wird zunächst nicht über das Gleichbehandlungsgesetz verhandelt. Würde Grün-Schwarz auf dessen Einführung verzichten, wäre damit nach der Einschätzung von Broß viel Bürokratie vermieden.
Landesregierung sieht die Allianz in einer ganz speziellen Rolle
Hier stößt die Entlastungsallianz an eine Grenze. Die Landesregierung verweist auf die Rolle der Allianz als Arbeitsgremium. Eine politische Aufgabe billigt das Staatsministerium der Allianz nicht zu und verhandelt daher nicht über Punkte, die im Koalitionsvertrag festgelegt sind. Außerdem gebe es genügend Bürokratiethemen, die vorrangig abgearbeitet gehörten. „In einem nächsten Schritt könnten bei Einigkeit zwischen allen Akteuren auch politische Themen angesprochen werden“, so die Antwort auf eine Staatsanzeiger-Anfrage.
Sorgfalt geht vor Eile
Wann mit einem neuen Entlastungspaket zu rechnen ist, lässt die Landesregierung offen. Hier handle es sich um komplexe Fragen, die ausreichend Zeit für eine Lösung beanspruchten. Die Komplexität dürfte noch etwas erhöht werden durch die Frage, welche staatliche Ebene durch die Forderungen in der Entlastungsallianz angesprochen wird.
Auch Bundes- und Landesebene sind angesprochen
Gerade bei Wirtschaftsthemen, so die Themenliste, die dem Staatsanzeiger vorliegt, sind der Bund oder die EU gefragt. Die Landesregierung bringe sich auch hierfür in die Diskussion ein, sagt sie. Ralf Broß verweist auf die Arbeit der kommunalen Bundesverbände, auf die Vorbildwirkung der Entlastungsallianz sowie auf das Brüsseler Büro der kommunalen Verbände, das Einfluss nehme.
Ein offener Brief bringt die Entlastungsallianz auf den Weg
In großer Sorge um Baden-Württemberg hatten 2022 acht Verbände einen offenen Brief an die Landesregierung formuliert. Gemeinde-, Städte- und Landkreistag, Industrie- und Handwerkskammer, Handwerkstag, Unternehmerverband sowie Sparkassen- und Genossenschaftsverband forderten Bürokratieabbau. Daraus ist die Entlastungsallianz geworden, deren Fachgruppen unter Leitung von Ministeriumsmitarbeitern seit November 2023 entbehrliche Regelungen identifizieren. Dabei handle es sich um einen offenen und flexiblen Prozess.