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Serie Starke Frauen

Journalistin Geno Hartlaub: Die Wilde aus dem Siebenzwergeland

Die Journalistin und Autorin Geno Hartlaub gehört zu den Vergessenen ihrer Generation. Sie wurde in Mannheim geboren und wuchs dort auf, doch wohl fühlte sich die Journalistin und Buchautorin in der Quadratestadt nicht. Deshalb zog sie nach Hamburg.

Von links: Margot Wegner-Kippenberg (Insel-Verlag), Christian Wegner (mit Fliege), Thomas Mann, Geno Hartlaub, Katia Mann.

Rolf Italiaander, Hamburg)

Mannheim/Hamburg. Zunächst schrieb sie von Krieg und Diktatur, dann von aufmüpfigen Frauen. Die Autorin Geno Hartlaub (1915-2007), Tochter eines berühmten Mannheimer Kunsthistorikers, fand erst in Hamburg zu sich selbst.

Mit der Heimat haderte sie. „Nie habe ich mich zuhause gefühlt in der zwischen Neckar und Rhein gelegenen Industriestadt, in der ich geboren bin.“ Es sind bittere Worte, mit denen Geno Hartlaub auf den Südwesten zurückblickt. In ihren biografischen Erinnerungen heißt die Gegend, in der sie dennoch fast die Hälfte ihres langen Lebens verbracht hat, „Siebenzwergeland“.

Prominente Autoren wie Günter Grass hatten großen Respekt

Obschon Kollegen wie Günter Grass oder Siegfried Lenz ihr Respekt zollten, gehört die Vielschreiberin heute zu den Vergessenen ihrer Generation. Trotz eines Oeuvres von rund dreißig Romanen und Prosabänden.

1915 kommt sie unter ihrem Taufnamen Genoveva in Mannheim zur Welt. Ihr Vater ist der Kunsthistoriker Gustav F. Hartlaub. Als Direktor der Mannheimer Kunsthalle prägt er in den 1920er-Jahren den Begriff der „Neuen Sachlichkeit“. Dem aufkeimenden Faschismus ist der Museumschef allerdings ein Dorn im Auge. 1933 entheben ihn die Nazis seines Postens. Auch die Tochter bekommt den Hass des Regimes zu spüren und darf nicht studieren. Notgedrungen entscheidet sich die begabte junge Frau, die unter der intellektuellen Dominanz des Vaters leidet, für eine kaufmännische Ausbildung.

Doch sie ertrotzt sich den Weg in die Literatur. In ihren Debütroman „Anselm der Lehrling“ (1947) fließen Erfahrungen aus dem ungeliebten Brotberuf mit ein. Nach Kriegsende arbeitet Hartlaub in Heidelberg für die Kulturzeitschrift „Die Wandlung“, in der auch einflussreiche Frauen wie Hannah Arendt oder Marie Luise Kaschnitz ein publizistisches Forum finden. Zudem betreut sie den Nachlass ihres älteren Bruders Felix. Der Dichter und Zeichner war in den letzten Tagen des Hitler-Regimes spurlos verschwunden.

Ihr eigenes Erzählen ist durch die traumatischen Erinnerungen aus Krieg und Diktatur geprägt. So schildert der Roman „Gefangene der Nacht“ die Ereignisse eines Bombenangriffs aus der Perspektive eines jüdischen Jungen, dessen Familie deportiert wurde. Kaleidoskopartig führt die Handlung Täter- wie Opferschicksale zusammen: SS-Angehörige, eine Widerstandsgruppe, einen Deserteur und einen Schwarzhändler.

In Hamburg schüttelt Hartlaub ihre Vergangenheit ab

Anfang der 60er Jahre sagt Hartlaub dem Südwesten endgültig Lebewohl und geht nach Hamburg, wo sie bis zu ihrem Tod 2007 blieb. In der nüchternen Weltoffenheit der Alster-Metropole gelingt es ihr, zu sich selbst zu finden. Sie schüttelt die erdrückende Vergangenheit und den schweren neoromantischen Stil ihres Frühwerks ab. Die Bücher werden heiterer, die Frauenfiguren rebellischer.

Im Roman „Das Gör“ sorgt der Generationenkonflikt zwischen einer aufmüpfigen 18-Jährigen und ihrer bürgerlich gebildeten Tante für ebenso viel Dramatik wie Komik. Auch hier schreibt Geno Hartlaub einmal mehr von sich selbst. „Eine kleine Wilde“, soll ihre Mutter sie genannt haben, damals in Mannheim. (gl)

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