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Ministerium und Verbände wollen Busfahrer und Lokführer gewinnen
Stuttgart. Im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs wollen Verkehrsministerium, Unternehmen und Verbände nun ihre Aktivitäten bündeln. Denn obgleich die Beschäftigung im öffentlichen Nahverkehr nach Angaben von Martina Musati, Leiterin der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit , in den vergangenen fünf Jahren um zehn Prozent gewachsen ist, hat die Branche massive Fachkräfteprobleme. Es fehlt an Busfahrern und Lokführern, aber es fehlen auch Zugbegleiter, Techniker in Werkstätten, Personaler und IT-Fachleute.
Hinzu kommt, dass nach den Landeszielen der öffentliche Nahverkehr deutlich ausgebaut werden soll, mehr Menschen auf Busse und Bahnen umsteigen und auch mehr Strecken mit engeren Taktzeiten bedient werden sollen. Doch bereits heute sind 20 Prozent der Busfahrerstellen nicht besetzt, bei den Lokführern ist die Situation ähnlich, wie der VDV-Landesvorsitzende Alexander Pischon erklärt. Nach Angaben des Fachmanns vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen bedeutet das, dass bestellte Leistungen heute schon zum Teil nicht voll erbracht werden können. Es ist zwar Geld da, aber keine Fahrer, um die Strecken zu bedienen.
Konkurrenz um Mitarbeiter ist groß
Gleichzeitig werden in der Branche in den kommenden Jahren viele Mitarbeiter in Rente gehen. Zugleich ist die Konkurrenz um Mitarbeiter groß. Sowohl im Wettbewerb mit anderen Branchen, als auch innerhalb der eigenen Branche. In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Situationen, bei denen man sich innerhalb der Branche gegenseitig Mitarbeiter abgeworben hat. Doch dadurch gelang es insgesamt nicht, mehr Mitarbeiter zu gewinnen. Das Thema will das Bündnis nun angehen.
Federführend sind das Verkehrsministerium, der Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmen (WBO) und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Insgesamt haben sich 16 Organisationen in dem Bündnis zusammengeschlossen, darunter auch die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit und der Deutsche Gewerkschaftsbund.
Vereinfachung beim Busführerschein gefordert, Vorarlberg als Vorbild
In Arbeitskreisen will man nun die drängendsten Themen angehen. Dazu zählt etwa die Vereinfachung des Busführerscheins. WBO-Vizepräsident Franz Schweizer nennt als Vorbild Vorarlberg in Österreich, wo es nicht nur gelang, mehr Busfahrer, sondern auch viele Frauen für den Beruf zu gewinnen. So macht etwa eine sehr hohe Pflichtstundenzahl den Führerschein für Busfahrer in Deutschland sehr teuer. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat deshalb auch bereits einen Vorstoß beim Bund unternommen.
Laut Musati kommen auf einen Bewerber derzeit mehr als fünf freie Ausbildungsstellen. Deshalb gelte es nun, alle Maßnahmen für die Personalgewinnung im öffentlichen Nahverkehr auf den Prüfstand zu stellen und auch neue kreative Ansätze zu finden, um Jugendliche für Berufe im öffentlichen Nahverkehr zu gewinnen. Auch der Frauenanteil ist in diesem Bereich noch gering. So gelte es auch über Themen wie flexible Arbeitszeiten und Teilzeitausbildung nachzudenken, so Musati.
Junge Menschen ohne Berufsabschluss qualifizieren
Auch Quereinsteiger sollen gewonnen und qualifiziert werden. Denn allein unter den 20- bis 35-Jährigen in Baden-Württemberg haben rund 200 000 keine Berufsausbildung. Beim Schienenverkehr hat man bereits vor einigen Jahren begonnen, verstärkt auch um Geflüchtete als Lokführer zu werben und diese auszubilden.
Dem DGB ist daran gelegen, in das Bündnis die Perspektive von Betriebs- und Personalräten einzubringen. Der öffentliche Nahverkehr müsse eine Branche für gute Arbeit werden mit fairen Arbeitsbedingungen, guter Bezahlung und passenden Vereinbarkeitsreglungen, so die stellvertretende Landesvorsitzende Maren Diebel-Ebers.