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Serie: Starke Frauen

Der Glamour auf den Pariser Brücken

Ihre Art zu fotografieren brachte eine neue Ästhetik in die Kampagnen der Haute-Couture-Häuser. Walde Huth überzeugte auch Modeschöpfer Karl Lagerfeld, der von der starken Frau beeindruckt war. 

Walde Huth veränderte durch ihr Schaffen die Modefotografie.

Stadtarchiv Esslingen)

Stuttgart. „Ihre Fotos sind die besten der Saison“, soll Karl Lagerfeld über die Bilder von Walde Huth (1923-2011) gesagt haben. Der Modeschöpfer war gewiss niemand, der leichtfertig mit Komplimenten umging, doch die quirlige Schwäbin nötigte dem großen Exzentriker Respekt ab. Als erste Frau hatte sich Walde Huth im Haifischbecken der Fashionfotografie nach oben gekämpft.

Unter dem Namen Waldberta kommt die Tochter eines Ingenieurs 1923 in Stuttgart zur Welt und wächst in Esslingen auf. Dort gründet sie ihr erstes Studio. „Sie war zielstrebig und innovativ“, sagt Stephanie Herrmann, die Foto-Kuratorin der Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen.

Sie fotografierte einflussreiche Persönlichkeiten wie Ernst Jünger

„Anfangs“, erzählt die Kunsthistorikerin, „arbeitet Huth vor allem in den Bereichen Porträt und Theaterfotografie.“ Sie lichtet einflussreiche Persönlichkeiten wie den Schriftsteller Ernst Jünger oder den Tänzer Harald Kreutzberg ab. Dann verlagert sich ihr Tätigkeitsschwerpunkt auf die Modefotografie. Bald erlaubt ihr der Erfolg den Umzug nach Stuttgart, immer öfter reist sie auch nach Paris. Namhafte Labels wie Christian Dior oder Givenchy engagieren Huth.

Ursprünglich hat sie bei dem Architekturfotografen Walter Hege studiert. Doch die begabte Schülerin weiß das Gelernte geschickt für die neuen Aufgaben zu nutzen. Sie inszeniert die Abendgarderobe der Edelschneider nicht in der Oper oder im Ballsaal, sondern im Stadtraum, alltagsnah und lebendig. Wie bei jener Damenstrumpf-Reklame aus dem Jahr 1956, für die das Alte Schloss in Stuttgart als Kulisse dient.

„Walde Huth“, sagt Herrmann, „hat die Modefotografie auf die Straße geholt.“ Der Gegensatz zwischen geschwungener Silhouette und hartem Beton bringt eine neue Ästhetik in die Kampagnen der Haute-Couture-Häuser. Bei Shootings auf den Pariser Seine-Brücken oder vor dem Eiffelturm entstehen die Ikonen einer neuen Zeit.

Huths weiblicher Blick schlägt sich auch im Umgang mit den Models nieder. „Sie betrachtete die Mannequins, wie es damals hieß, als selbstständige Charaktere, nicht als Anziehpuppen“, erläutert Herrmann. Nachdenkliche, verträumte und mitunter auch herausfordernd freche Gesichter erinnern daran, dass Mode eben für die Menschen gemacht ist und nicht umgekehrt.

Nach dem Tod ihres Mannes wagt sie nochmals einen Neuanfang

Ende der 50er gibt Walde Huth die Fokussierung auf die Haute Couture auf. Sie geht nach Köln und tritt in das Studio ihres Mannes Karl Hugo Schmölz ein, der das gesamte Spektrum der Produktfotografie abdeckt. Nach dessen Tod 1986 wagt die Exil-Schwäbin noch einmal einen Neuanfang in der Experimentalfotografie.

Mit Kompositionen von wehenden Vorhängen, durch die das Licht in den Raum fällt, gelingen abstrakte Stimmungsbilder. 2011 stirbt sie bei einem Wohnungsbrand. „In ihrem Spätwerk“, glaubt Herrmann, „ist noch viel zu entdecken.“ (gl)

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