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Hans-Dieter Scheerer: Ein Manager in der Politik
Stuttgart. Manchmal erweitert ein Blick von außen den Horizont. Der FDP-Politiker Hans-Dieter Scheerer hat neben seinem Job als Parlamentarier auch ein – wie er findet – schönes Ehrenamt. Der 65-Jährige leitet die Stiftung Unamonos in Weil der Stadt, die sich für bedürftige Kinder in Peru einsetzt. Als er in dieser Funktion kürzlich im Land war, gab es überall WLAN, trotz hoher Berge.
Nun fragt sich Scheerer: „Was ist los bei uns? Wir wollen alles 120-prozentig machen, alles bis ins kleinste Detail regeln.“ So komme man nicht voran. Und ein wenig steht für Scheerer das auch sinnbildlich für die Politik im Land. Sein Fazit nach gut anderthalb Jahren im Parlament: „Man staunt schon, wie kompliziert und langsam manche Entscheidungsprozesse bei uns sind.“
Steiler Aufstieg in der Großhandelsbranche
Das ist er anders gewohnt. Der liberale Politiker wuchs in Herrenberger Teilort Kuppingen im Kreis Böblingen auf, machte mit 17 einen Schüleraustausch in die USA und schrieb sich in Tübingen an der juristischen Fakultät ein. Nach dem Studium heuerte Scheerer bei der Logistikfirma Kriegbaum in Böblingen an. Es ging zur Sache, 100 Stunden die Woche. Er fragte nicht nach Feierabend: „Ich habe Arbeit gesucht, es hat Spaß gemacht zu arbeiten.“
Er wurde Assistent der Geschäftsleitung und Chef der Rechtsabteilung. Als Kriegbaum an den Handelsriesen Metro verkaufte, hatte er 500 Märkte unter sich, reiste von Düsseldorf nach Hannover, wurde Chef der Immobilienabteilung und für ganz Europa ständig, hat die Expansion nach Osteuropa voran getrieben. Er war immer viel unterwegs: „Das hat Spaß gemacht.“
Die Rückkehr nach Weil der Stadt
Die Familie musste zurückstecken, die zwei Töchter erzählten ihm später: „Wir haben dich fast nie gesehen.“ Immerhin in den Urlauben war Familienzeit. Der Job bei Metro war stressig: „Das war ein Haifischbecken.“ Scheerer machte weiter Karriere, wurde Geschäftsführer bei Edeka-Immobilien in Hamburg.
Doch die große Entfernung zur Familie zehrte an den Kräften, er kam nach Hause und machte sich in Weil der Stadt selbstständig als Rechtsanwalt. Schon seit 1979 ist Hans Dieter Scheerer in der FDP, 2009 er wurde Zweitkandidat der Abgeordneten Heiderose Berroth. 2016 verfehlte er um 700 Stimmen den Einzug ins Parlament, fünf Jahre später klappte es.
Seine Eindrücke? „Ich habe Respekt, schließlich bin ich nur einer von 154 Abgeordneten und wir vertreten 11 Millionen Menschen.“ Das Hohe Haus, der Plenarsaal mit der Lichtkuppel – Scheerer ist auch ein wenig stolz, zum Ende seiner beruflichen Karriere noch einmal seinen Wahlkreis vertreten zu dürfen.
Und so bewirkt er mit seiner Erfahrung und seiner Wirtschaftskompetenz im Kleinen durchaus Veränderungen, selbst in der Opposition. Sein Credo: „Ich möchte im Landtag einen Politikwechsel herbeiführen und eine Politik, die vernünftig und pragmatisch ist, umsetzen.“
Drei Fragen …
Was ist der größte Unterschied zwischen Wirtschaft und Politik?Die Geschwindigkeit, in der Entscheidungen fallen. In der Wirtschaft war ich gewohnt, zu sagen wie es zu laufen hat, und dann wurde das umgesetzt. Im Parlament und in der Politik muss man sich natürlich mit vielen abstimmen, bis ein Konsens erzielt ist.
Was ist Ihre Strategie für ihr Mandat als Abgeordneter?Ich frage mich: Wo soll unser Land in 20 Jahren stehen? Welche Infrastruktur wollen wir für den Verkehr haben, so steht die Wirtschaft? Mobilität steht für mich für Freiheit. Jeder soll nach seiner Façon mobil sein.
Sie reisen viel, was können Sie daraus für den Alltag lernen?Reisen bildet. Das ist ein wichtiger Wert auch für unsere Gesellschaft. Und um Fernreisen unternehmen zu können, wird man weiterhin auf Flugzeuge zurück greifen. Wir müssen einen technologischen Weg für klimafreundliches Fliegen finden.