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Experten sehen Ausnahmeregel skeptisch
Stuttgart. Im Sommer hatte ein Schreiben des Finanzministeriums für Verunsicherung gesorgt. Darin ist auf zwölf Seiten dargelegt, wie genau der Verkauf von Marmorkuchen oder Donauwelle durch die Schülermitverwaltung und Elternbeiräte umsatzsteuerlich zu bewerten sei. Nun gab Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) Entwarnung: Der Verkauf unterliegt nicht der Abgabepflicht.
Bei der Steuereinführung war der Aufwand für Buchen groß
Es ist nur das Sahnehäubchen bei der Debatte um die Neuregelung der Umsatzsteuer. Wegen EU-Rechts ist ab 2025 auch die öffentliche Hand umsatzsteuerpflichtig. Für Kommunen bedeutet das im Vorfeld viel Aufwand. Sie müssen sämtliche Leistungen daraufhin bewerten, ob sie auch ein privates Unternehmen erbringen kann – ist das der Fall, kommen 19 Prozent obendrauf. Die Stadt Buchen im Neckar-Odenwald-Kreis hat sich als eine der ersten Kommunen auf den Weg gemacht und erhebt schon länger die Steuer, obwohl die Frist mehrmals verlängert wurde. Benjamin Laber, Beigeordneter für Finanzen und Technik, hat das Projekt mit seinen Mitarbeitern umgesetzt. „Der Aufwand der Einführung und im Vorfeld der Einführung war enorm“, sagt er. Der Aufwand für den laufenden Betrieb sei stemmbar.
Kuchensteuer taugte zum Aufregerthema
Die Kuchensteuer war schon 2022 landesweit ein Aufregerthema. In Buchen hat Laber das Problem gelöst, indem die Fördervereine den Verkauf übernommen haben. Bis zu einem Umsatz von 22 000 Euro sind sie nicht abgabepflichtig. Und auch jetzt möchte er an dieser Regelung erstmal nichts ändern, denn: „Ich bin mir nicht sicher, ob das rechtlich stabil sein wird“. Schon vor Jahren gab es den Versuch des Bundesfinanzministeriums, das Thema zu vereinfachen. Doch dieser wurde zurückgenommen, erinnert sich Laber.
EU pocht bei der Umsatzsteuer auf Einhaltung von Grundsätzen
Auch Jörg Henkes, Professor an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl, verweist darauf, dass die EU strickt auf die Einhaltung der Wettbewerbsneutralität pocht. Skeptisch ist er bei der neuen Vereinfachung: „Es gibt keine einfachen Lösungen in einer komplexen Realität“. Die alte Lösung hätte in sehr vielen Fällen auch dazu geführt, dass keine Umsatzsteuer angefallen wäre – nur habe das damalige Rundschreiben bis auf Experten niemand verstanden, dabei seien die Lösungen darin fachlich sehr gut gewesen. Politisch sei es sehr wünschenswert, dass die Kuchensteuer für Kommunen nicht kommt. „Ob das einer rechtlichen Prüfung in allen Fällen standhält, wird die Zukunft zeigen müssen.“
Finanzministerium glaubt an die Rechtssicherheit seiner Regel
Das Finanzministerium hält die neue Lösung für rechtssicher. Entscheidend sei die Frage, ob es sich beim Kuchenverkauf durch Eltern oder Schüler um einen nachhaltigen Wettbewerb handele, erklärt ein Sprecher. Das sei nicht der Fall. Die Vereinfachung habe man unter anderem mit dem Bundesfinanzministerium abgestimmt. Beim Bürokratieabbau, den ja alle wollen, müsse man in Kauf nehmen, dass nicht jeder Einzelfall geregelt sei. Gegen die eine oder andere Regelung könne auch geklagt werden.
Kommunen profitieren vom Vorsteuerabzug
Klar ist, dass das große Thema Umsatzsteuerpflicht viele Gemeinden auf Trab hält. Jörg Henkes verweist hier vor allem auf die interkommunale Zusammenarbeit, bei der so manche Dienstleistung für die Gemeinden teurer werden könnte. Auf der anderen Seite könnten Kommunen vom Vorsteuerabzug profitieren. Dieser greift, wenn zum Beispiel größere Investitionen wie eine Turnhallensanierung anstehen. Denn die Umsatzsteuer, die dafür anfällt, wird vom Finanzamt ganz oder teilweise erstattet – wenn auch die Halle zumindest teilweise umsatzsteuerpflichtig vermietet wird.
Gemeindetag mahnt unbürokratische Lösungen an
Der Gemeindetag sieht in der Umsatzsteuerpflicht ab 2025 einen immensen Aufwand für die Städte und Gemeinden. Soweit sich nicht abzeichnet, dass von den Regelungen auf kommunaler Ebene generell Abstand genommen werden kann, würden mindestens unbürokratische Lösungen benötigt, etwa im Bereich der Feuerwehren und der interkommunalen Kooperation. Bei Letzterer konnten zwar erste Hürden gemeinsam mit dem Land genommen werden, allerdings seien weitere politische Lösungen dringend erforderlich, um die unnötige Erschwernis abzumildern.