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Harter Schlagabtausch nach Pisa-Schock: Dennoch Bildungspakt möglich
Stuttgart. Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) hat das Angebot der SPD-Landtagsfraktion angenommen, einen gemeinsamen Bildungspakt zu schmieden. Für einen solchen „Konsens in der Bildungspolitik“, der über die Legislaturperiode hinaus Bestand habe, sprach sich auch der CDU-Abgeordnete Andreas Sturm aus. Zugleich wiederholte der Schwetzinger Abgeordnete das Bekenntnis seiner Fraktion zum bestehenden gegliederten Schulsystem. Insgesamt entwickelte sich die von den Grünen beantragte aktuelle Debatte „Konsequenzen aus IQB und Pisa – unsere Schulen zukunftsfest machen“ zu einem heftigen Schlagabtausch. Für die AfD-Fraktion verlangte Rainer Balzer sogar den Rücktritt von Schopper und von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).
„Es muss aufhören, dass dieses Land und unsere Bildungspolitik künstlich schlechtgeredet werden“, appellierte Thomas Poreski. Der Grüne versuchte, die Ziele von Unterricht aus Sicht von Schüler und Schülerinnen mit ins Zentrum zu rücken, denn die müssten lernen, „selbstständig, logisch und kreativ zu denken“. Aufgaben aus der realen Lebenswelt mussten angegangen werden, „die weder automatisiert noch mit Standardrezepten gelöst werden können“. Menschen machten dort den Unterschied, „wo das Wissen von Wikipedia und die sogenannte künstliche Intelligenz an ihre Grenzen stoßen“.
Die Redner der Opposition, vor allem Timm Kern (FDP), reagierten dagegen auf das Abschneiden des Landes bei den jüngsten Vergleichsstudien mit scharfer Kritik. Kern zitierte aus zahlreichen Pressemitteilungen, darunter auch die vom Verband Bildung und Erziehung, der Kretschmann bescheinigt hatte, „so viel Ahnung vom Unterricht zu haben wie ein Ziegelstein vom Schwimmen“. Vernichtender könne ein Urteil für einen studierten Lehrer wohl kaum sein. „Sie haben eine hervorragende Lesekompetenz beim Vortragen aller Pressemitteilungen der Lehrerverbände bewiesen“, konterte die Kultusministerin spitz, „da muss ich sagen, herzlichen Glückwunsch, das ist schon mal gelungen“.
Trotz erheblicher Unterschiede in der Bewertung der Ausgangssituation will Schopper jetzt auf die SPD-Fraktion zugehen. Deren bildungspolitischer Sprecher Stefan Fulst-Blei verlangte mehr Geld und mehr Engagement im Kampf gegen Bildungsungerechtigkeiten. Die neu eingeführten multiprofessionellen Teams deckten nur 16 von 2 322 Schulen ab, das seien sage und schreibe 0,7 Prozent, „und Sie fahren diesen Modellversuch über vier Jahre“. Der Mannheimer Abgeordnete, früher selber Lehrer, will mit der Kultusministerin über eine Investitionsoffensive sprechen, über eine Bildung und mehr faire Bildungschancen für alle. „Ich danke Ihnen für das Angebot“, so Schopper, „wir werden auf Sie zukommen, um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.“ Es dürfe aber, gerade im Sinne der Kinder und Jugendlichen, nicht so getan werden, „als wäre hier alles in einem verheerenden Zustand“.
Kern nannte die 2011 beschlossene Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung „den schwersten Fehler grüner Bildungspolitik“. Sturm wiederholte für die CDU-Fraktion die Idee einer Weiterentwicklung hin zu Tests, wenn die Empfehlung der Schule und der Elternwunsch nicht deckungsgleich seien. Und er forderte, dass „bildungspolitische Maßnahmen evidenzbasiert sind statt parteiideologisch motiviert. Deshalb sei er froh, „dass gerade im Hinblick auf PISA bildungspolitische Kindeswohlgefährdungen wie das Schreiben nach Gehör abgeschafft wurden, denn solche Vorhaben sind Teil des heutigen Problems“. Balzer sprach nannten Schreiben nach Gehör als Beispiel dafür, was vor allem Grüne mit ihrer Politik angerichtet hätten. Der Ministerpräsident und die Kultusministerin verstießen gegen Artikel elf der Landesverfassung. Und deshalb fordere er „namens meiner Fraktion auf, treten Sie von Ihren Ämtern zurück“.