Rückstände von Arzneimitteln im Abwasser: EU will Hersteller an Kosten der Reinigung beteiligen

Rückstände von Arzneimitteln, Substanzen aus Kosmetika und Chemikalien aus Reinigungsmitteln belasten unser Abwasser. Diese Spurenstoffe sind oft hartnäckig und können mit den konventionellen Reinigungsverfahren nur unzureichend oder gar nicht eliminiert werden. Die EU will nun die Hersteller dieser Substanzen verpflichten, sich an den Kosten der Reinigung zu beteiligen.

Kläranlage des Abwasserzweckverbandes Raum Offenburg bei Griesheim (Baden-Württemberg)

dpa/Patrick Seeger)

Brüssel/Stuttgart . Die Umweltminister der EU-Mitgliedstaaten haben am Dienstag ihre Unterstützung zugesagt, dass Hersteller von Arzneimitteln sowie anderen Stoffen, die ins Abwasser gelangen, künftig zur Übernahme der Kosten der vierten Reinigungsstufe in Klärwerken herangezogen werden können. Nach der kommunale Abwasserrichtlinie der EU sollen sie sich künftig an der Finanzierung von Reinigungsleistungen beteiligen. Gleichzeitig werden damit Anreize für die Hersteller geschaffen, umweltschonendere Grundstoffe und Produkte zu entwickeln, um so kritische Einträge von vornherein zu vermindern und zu vermeiden.

Kommunale wie industrielle Kläranlagen arbeiten heute in der Regel mit mechanischen, biologischen und chemischen Verfahren dreistufig. Die vierte Reinigungsstufe eliminiert Spurenstoffe durch Ozonierung, Membranfiltration und Aktivkohlefiltration. Mit diesen Verfahren können auch hartnäckige Spurenstoffe aufgeknackt und entsorgt werden. Dabei geht es neben Arzneimitteln um Stoffe aus Kosmetika, Reinigungsmitteln und anderen Haushalts- und Industriechemikalien.

Die Wasserwirtschaft im Land sieht das positiv. „Wir begrüßen, dass eine Herstellerverantwortung nach dem Verursacherprinzip eingeführt werden soll“, sagt Torsten Höck vom Verband für Energie- und Wasserwirtschaft Baden-Württemberg. „Es ist wichtig, Verursacher von Einträgen schon frühzeitig auch finanziell in die Pflicht zu nehmen und einzubinden, damit Wasser und Abwasser auch langfristig bezahlbar bleiben. Das gilt grundsätzlich für Abwasser, hat aber natürlich auch eine Relevanz für die Wasserversorgung, wie die seit Jahren anhaltenden Diskussionen um die PFC-Verschmutzung in Rastatt zeigen.“

Die Kosten für die vierte Reinigungsstufe in Kläranlagen können erheblich sein. Für einen Zeithorizont von 30 Jahren, rechnen Wasserversorger mit Kosten in Deutschland in Höhe von mindestens 36 Milliarden Euro.

„Baden-Württemberg fördert bereits seit vielen Jahren den Ausbau von Kläranlagen, insbesondere an besonders empfindlichen Gewässern und an Belastungsschwerpunkten“, sagte Umweltministerin Thekla Walker (Grünne). In Baden-Württemberg verfügen derzeit bereits 25 – meist größere – Kläranlagen über eine vierte Reinigungsstufe, die zusammen rechnerisch die Abwässer von etwa 3,6 Millionen Einwohnern beziehungsweise etwa ein Sechstel des Abwassers des Landes behandeln können. Damit ist Baden-Württemberg Vorreiter im europäischen Vergleich.

Weitere 27 Anlagen befinden sich bereits im Bau oder in Planung. Das Land fördert zudem das Kompetenzzentrum Spurenstoffe Baden-Württemberg, das Kommunen, Planer und Behörden hinsichtlich Errichtung und Betrieb einer vierte Reinigungsstufe berät. 

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