Der neue Bürokratie-Bekämpfer Dieter Salomon im Porträt
Stuttgart/Freiburg. Die Kommunen können sich über die „kommunale Prägung“ freuen“, so Ralf Broß, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied im Städtetag. Und die Wirtschaft über die vielen Erfahrungen, die der Neue aus der IHK Südlicher Oberrhein mitbringt. Winfried Kretschmann rühmt den grünen Parteifreund als „Idealbesetzung“. Dieter Salomon, früherer Oberbürgermeister in Freiburg, davor Landtagsabgeordneter, „mein Fraktionschef“, so der Ministerpräsident, steht kurz vor seinem Start als Vorsitzender des Normenkontrollrats.
Vor fünf Jahren wurde er installiert und mit der Hauptaufgabe Bürokratieabbau betraut. Wegen Abstimmungsverzögerungen in den beiden Regierungsfraktionen hat die Nominierung seiner sechs Mitglieder länger gedauert als geplant. Auch Salomon wird sich behaupten müssen, nicht zuletzt gegen das Staatsministerium selber, dessen Amtschef Florian Stegmann, auch er ein grüner Parteifreund, bereits wissen ließ, der Rat müsse „enger in die Aktivitäten der Landesregierung eingebunden werden und nah an ihren Themen arbeiten“. Salomon hat sich allerdings schon mit seiner auf Stegmanns Drängen hin ausgeschiedenen Vorgängerin Gisela Meister-Scheuffelen (CDU) zum „sehr offenen guten Gespräch“ getroffen.
Kretschmann hätte sich den Politikwissenschaftler, dessen Doktorarbeit grüne Basisdemokratie behandelte, auch in einem anderen Amt vorstellen können. In der vergangenen Legislatur machte er publik, dass er Salomon gefragt habe, ob er seine Nachfolge antreten wolle. Er wollte nicht und hat nach seiner überraschenden Abwahl als OB vor vier Jahren seine politische Karriere beendet. Ein Zurück schließt er aus.
Die Familie kam von Australien zurück
Geboren ist der SC-Freiburg-Fan in Melbourne. Die Familie wanderte aber wieder zurück nach Europa, genauer ins Allgäu. Erinnerungen an Australien hatte er keine, bis er als Jugendlicher an die Adria fuhr und den Geruch von Meerwasser wiedererkannte. Eine Beziehung zur Herkunft blieb. Seine zweite Frau heiratete Salomon am anderen Ende der Welt. Zur neuen Aufgabe passt eine Lebensweisheit, wonach es weder erstrebenswert noch sinnvoll ist, immer auf der sicheren Seite sein zu wollen. Das, sagt der 63-Jährige, gelte gerade für jene, die in der Lage sind oder eben sein müssen, rasche und schlanke Entscheidungen zu treffen. Dass er mit seinem Team dicke Bretter wird bohren müssen, ist ihm klar, eine erste Zwischenbilanz wird er im Herbst 2024 vorlegen. ( bjhw )
Drei Fragen…
Sind mit der Dauerkritik an der Bürokratie nicht viel zu hohe Erwartungen an einen Abbau geweckt worden?
Das stimmt leider. Neulich hat jemand den schönen Satz gesagt, Bürokratie sei ein zivilisatorischer Fortschritt, was wir bekämpfen müssten, das sei der Bürokratismus. Wir sind doch stolz darauf, nicht in einem failed state zu leben, sondern in einem funktionierenden Gemeinwesen. Die Auswüchse müssen wir aber endlich in den Griff bekommen.
Heißt das auch, dass die weit verbreitete öffentliche Wahrnehmung, in Deutschland laufe so viel aus dem Ruder, gar nicht zutrifft?
Das ist wie mit den halbvollen Gläsern und den halbleeren. Wir sind eines der stärksten Länder der Welt. Es gibt keinen Grund, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Wir erleben aber auch, wie Bürgerinnen und Bürger kopfschüttelnd zum Beispiel zur Kenntnis nehmen müssen, wie die Digitalisierung von Behörden nicht vorankommt und einfachste Vorgänge weiterhin unglaublich aufwändig sind.
Sie haben angekündigt, auch kleine Schritte als Erfolge zu werten. Was wollen Sie als erstes in Angriff nehmen?
Der neue Normenkontrollrat geht jetzt erst einmal in Klausur. Wir lernen uns kennen. Und dann klären wir, was wir angehen. Wir beginnen übrigens auch nicht bei Null, sondern unsere Vorgänger haben bereits gute Arbeit geleistet.