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Ukrainische Lehrerin: Vom Kellnerjob zum Wohnungsmanagement

Für Nadiia Dudkina markiert die Flucht aus ihrer Heimat einen beruflichen Neuanfang, der den wenigsten gelingt. Dank einer kommunalen Firmenlotsin arbeitet sie in einem Wohnungsunternehmen und beginnt im Herbst sogar ein Studium. Mit diesem Rüstzeug könnte sie nach dem Krieg zuhause beim Wiederaufbau helfen.

Nadiia Dudkina ist ihrem Chef Jürgen Schipek dankbar, dass sie bei der SWG beruflich wieder voll durchstarten kann, wenn auch in einer anderen Branche.

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Friedrichshafen. Nadiia Dudkina ist Lehrerin, unterrichtete Deutsch und Englisch an einer Privatschule in ihrer Heimatstadt in der Ostukraine. Zwei Tage nach Ausbruch des Krieges bekam die 28-Jährige eine E-Mail. „Darin stand, dass nicht klar sei, wie lange wir noch Arbeit hätten“, erzählt sie. Mitte Mai fasste sie den Entschluss, allein nach Deutschland zu fliehen, ohne Oma, Mutter und ihren 19-jährigen Bruder. Sie landete in Bayern, wo sie eine Wohnung in Lindau und eine Arbeitsstelle als Kellnerin auf einem Ausflugsschiff gefunden hatte. „Das war eine harte Arbeit“, blickt die junge Frau zurück. Und doch war sie dankbar, denn viele ihre Landsleute finden so schnell keinen Job.

Allein nach Baden-Württemberg kamen im vergangenen Jahr knapp 150.000 Geflüchtete aus der Ukraine. Deutschland nahm sie nicht nur unbürokratischer auf als andere Flüchtlinge, sondern wollte ihnen auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern. Denn der Fachkräftemangel grassiert, das Bildungsniveau in der Ukraine ist im internationalen Vergleich hoch. Gerade gut ausgebildete und erfahrene Fachkräfte kommen da wie gerufen, sollte man meinen. Doch was in der Theorie einfach klingt, erweist sich in der Praxis als schwierig.

Eine Firmenlotsin vermittelte den Kontakt zum Rathaus

Die meisten Geflüchteten bekommen mit der Fiktionsbescheinigung zwar recht schnell die Arbeitserlaubnis, doch viele landen beim Jobcenter. Im Juni waren bei der Arbeitsagentur Konstanz-Ravensburg, zu der der Bodenseekreis gehört, über 1700 Menschen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit arbeitslos gemeldet. Wer arbeiten geht, schafft zumeist auf Helferniveau, etwa im Gastgewerbe, in der Zeitarbeit, auf dem Bau oder im Reinigungsgewerbe. Denn zwei Hürden sind für die Ukrainer zu nehmen, die Zeit in Anspruch nehmen: ausreichende Sprachkenntnisse und die Anerkennung der Berufsausbildung. Weil die Ukraine nicht zur EU gehört, braucht es die für rechtlich geschützte Berufe. Dazu zählen auch Lehrer wie Nadiia Dudkina.

Umso überraschter war die junge Frau, als sie ins Friedrichshafener Rathaus zu einem Kennenlerngespräch eingeladen wurde. Doch das war kein Zufall. Die Stadt beschäftigt seit Kriegsbeginn eine Firmenlotsin für ukrainische Geflüchtete, die selbst aus der Ukraine stammt und fliehen musste. Bei einer privaten Ausflugsfahrt auf einem Bodenseedampfer fiel dieser Mitarbeiterin die Kellnerin aus ihrem Heimatland auf, die bestens deutsch spricht. Und so nahmen die Dinge ihren Lauf.

Meist Stellen auf Helferniveau

Im August waren bei der Arbeitsagentur Konstanz-Ravensburg, zu der der Bodenseekreis gehört, über 2100 Ukrainer arbeitslos gemeldet, ganz überwiegend im Bürgergeldbezug, Tendenz steigend.

Wer arbeiten geht, verdient zumeist auf Helferniveau sein Geld, etwa im Gastgewerbe, in der Zeitarbeit, auf dem Bau oder im Reinigungsgewerbe. Zwei Hürden zum hiesigen Arbeitsmarkt, die Zeit in Anspruch nehmen, sind für Ukrainer zu nehmen: ausreichende Sprachkenntnisse und die Anerkennung der Berufsausbildung.

Die 28-Jährige erhielt ein Jobangebot bei der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshafen (SWG). Die pflegt bereits seit März 2022 eine sehr enge Kooperation zur Firmenlotsin im Rathaus. „Wir beschäftigen inzwischen mehr als zehn Menschen aus der Ukraine in unserem Unternehmen, mit denen wir allesamt gute Erfahrungen gemacht haben“, sagt SWG-Geschäftsführer Jürgen Schipek. Nadiia Dudkina überlegte nicht lange. „Ich habe mich zwar gefragt, was ich als Lehrerin in der Immobilienbranche tun soll. Aber ich wollte etwas anderes machen als kellnern.“

Das kommunale Wohnungsunternehmen stellte die 28-Jährige zunächst als Assistenz ein, damit sie die Branche kennenlernt. „Sie hat richtig Gas gegeben“, lobt ihr Chef. Das Engagement zahlte sich aus. Sie erhielt das Angebot zu studieren, obwohl sie einen Master hat und das Studium in Deutschland anerkennen lassen könnte. Aber die Wohnungswirtschaft sei sehr interessant. Und solche Strukturen wie in Deutschland gebe es in der Ukraine noch nicht.

Dank eines Stipendiums beginnt Nadiia Dudkina im Wintersemester an der EBZ Business School in Bochum im Bachelor-Studiengang Digitalisierung und Immobilienmanagement, ein Vollzeit-Studium, das berufsbegleitend angeboten wird. Jürgen Schipek ist überzeugt davon, dass die 28-Jährige auch ohne immobilienwirtschaftliches Vorwissen an der Fachhochschule erfolgreich sein wird. „Unternehmerisch finde ich diese Entscheidung clever und konsequent“, sieht sich der SWG-Geschäftsführer durch bisherige Erfahrungen bestätigt.

Erst Ausbildung in Deutschland, dann Wiederaufbau in der Ukraine 

Für EBZ-Vorstand Klaus Leuchtmann ist das von Jürgen Schipek entwickelte Modell für sein Unternehmen vorbildhaft. „Wenn wir 100 Ukrainerinnen und Ukrainer in deutschen Wohnungsunternehmen ausbilden und nur die Hälfte von ihnen nach dem Krieg zurückkehren, haben wir einen wertvollen Beitrag geleistet, um hier den Fachkräftemangel zu beheben und in der Ukraine das nötige Wissen zu implementieren, das beim Aufbau wohnungswirtschaftlicher Strukturen benötigt wird.“ Wichtig sei, dass sich in ganz Deutschland Nachahmer fänden, die Ukrainer in ihre Unternehmen einbinden und ausbilden.

Quelle/Autor: Katy Cuko

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