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Fraktionen sprechen sich für Lohnersatzleistung aus

Die CDU/CSU-Fraktion auf Bundesebene fordert eine Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige, analog zum Elterngeld. Damit greift die Fraktion eine Forderung des Sozialverbands VdK auf. Im Südwesten stößt dies parteiübergreifend auf positive Resonanz.

Drei Viertel der Pflegebedürftigen werden einer Studie zufolge in Deutschland zu Hause versorgt. Foto: dpa/photothek/Ute Grabowsky

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Stuttgart. „Glauben Sie, Ihre Angehörigen würden Vollzeit arbeiten und Sie dann noch zuhause pflegen, Herr Lauterbach?“, fragt der Sozialverband VdK in seiner Kampagne „#naechstenpflege“ den Bundesgesundheitsminister. Für viele Angehörige stellt sich die Frage nach Zeit für die Pflege von Angehörigen oder Geld. Denn wer seinen Beruf aufgibt oder weniger arbeitet bekommt dafür keinen finanziellen Ausgleich.

Die Regelungen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf bringen den Angehörigen meist wenig. Zwar gibt es einen Rechtsanspruch auf eine Freistellung von der Arbeit für bis zu sechs Monate oder auf zwei Jahre Teilzeitarbeit. Doch der Rechtsanspruch ist an eine bestimmte Betriebsgröße gekoppelt. Zudem gibt es für die geleistete Pflegezeit keinen finanziellen Ausgleich. Pflegende Angehörige können allenfalls ein zinsloses Darlehen beantragen, was sie danach zurückzahlen müssen.

Drei Viertel der Pflegebedürftigen werden daheim versorgt

Der Sozialverband VdK fordert deshalb einen finanziellen Ausgleich für pflegende Angehörige, vergleichbar mit dem Elterngeld. Nun spricht sich auch die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag dafür aus. Denn die Mehrzahl der Menschen möchte zu Hause alt werden. Nur zehn Prozent können sich vorstellen, einmal in einem Pflegeheim zu leben. Bei den Pflegebedürftigen sind es nur 2,3 Prozent, die dort versorgt werden wollen. Das geht aus der Pflegestudie des VdK hervor.

Drei Viertel der Pflegebedürftigen bundesweit werden danach zu Hause versorgt, knapp zwei Fünftel davon schon über fünf Jahre lang. Mehr als ein Fünftel der pflegenden Angehörigen wendet dafür 40 und mehr Stunden pro Woche auf, also mindestens eine Vollzeitstelle. weitere zehn Prozent 30 bis 40 Stunden. 20 bis 30 Stunden wenden noch knapp 18 Prozent auf, was mindestens einer halben Arbeitsstelle entspricht. Die Zahlen zeigen: Viele pflegende Angehörige müssen ihre Arbeit aufgeben oder reduzieren.

Grundsätzlich begrüßen alle Fraktionen im Landtag den Vorschlag. Für Petra Krebs, pflegepolitische Sprecherin der Grünen, darf die Angehörigenpflege keine Armutsfalle werden. Daher unterstütze man die Position der CDU-Bundestagsfraktion. Die Grünen hätten bereits 2021 im Bundestag eine „Pflegezeit Plus“ vorgeschlagen: Sie sieht eine bis zu dreimonatige bezahlte Freistellung vor und das finanzielle Abfedern einer reduzierte Arbeitszeit für bis zu drei Jahre. Für problematisch hält es Krebs, wenn Kinderlose Sorgearbeit leisten und zweifach ‚zur Kasse gebeten werden‘ – durch erhöhte Beitragssätze und reduzierte Erwerbsarbeit. Die Pflegeversicherung könne nicht allein durch höhere Beitragssätze gesichert werden.

Der sozialpolitische Sprecher der CDU, Stefan Teufel, findet, „dass Menschen, die sich um die Pflege angehöriger oder nahestehender Personen kümmern, mehr Unterstützung und Anerkennung verdient haben“. Etwa durch eine Lohnersatzleistung oder steuerliche Vorteile, zusätzlichen Rentenpunkten oder einem staatlich finanzierten Pflegelohn.

SPD und FDP verweisen auf den Koalitionsvertrag der Ampel

Auch der pflegepolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Florian Wahl, hält die Forderung der CDU-Bundestagsfraktion für wünschenswert, doch müsse dies auch realisierbar sein. Man müsse stets die Haushaltslage im Blick behalten.

Wie auch Wahl verweist Jochen Haußmann (FDP) auf den Koalitionsvertrag der Ampel. Die Bundesregierung habe sich darauf verständigt, „die Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetze weiterzuentwickeln und es pflegenden Angehörigen und Nahestehenden mehr Zeitsouveränität zu ermöglichen, auch durch eine Lohnersatzleistung im Falle pflegebedingter Auszeiten.“ An der Pflegeversicherung halte man fest, sie soll durch Kapitaldeckungselemente ergänzt werden, um sie finanzierbar zu halten. „Das Land könnte mit einer unbürokratischen Regelung des Entlastungsbetrags in der häuslichen Pflege positive Impulse setzen.“

Für Bernhard Eisenhut (AfD), ist eine Besserstellung pflegender Angehöriger „nicht nur aus moralischen Gründen, sondern auch aufgrund des Pflegemangels dringend geboten“. Ein Pflegegeld oder Ersatzleistungen begrüße seine Fraktion.

Land fördert Aufbau von Kurzzeit- und Tagespflege

„Pflegende Angehörige sind eine enorme Stütze in der Pflege – ohne sie würde das komplette Pflege-System kollabieren“, sagt Sozialminister Manne Lucha (Grüne). Um sie zu unterstützen, fördere das Land den Aufbau der Kurzzeit-, Tages- und Verhinderungspflege. Über eine finanzielle Ersatzleistung analog zum Elterngeld müsste der Bund entscheiden. Der müsste auch entsprechende Mittel zur Verfügung stellen. „Jeder Euro, der in die Pflege fließt, ist ein sehr gut investierter Euro in den Zusammenhalt unserer Gesellschaft“, sagt Lucha.

Quelle/Autor: Jennifer Reich und Stefanie Schlüter

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