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Rathäuser im Land: In Baltmannsweiler lässt das Rathaus tief blicken
BALTMANNSWEILER. Am Ende war es wie so oft eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, die Mitte des vergangenen Jahrzehnts zum Entschluss führte, im Ortskern von Baltmannsweiler (Kreis Esslingen) ein neues Rathaus zu bauen. Das bisherige Verwaltungsgebäude aus den 1950er-Jahren, ebenfalls ein hübscher Bau, findet Bürgermeister Simon Schmid (parteilos), war in seiner Grundsubstanz nicht mehr zu halten gewesen. Den bodenständigen Rathausneubau aus Klinkersteinen isoliert zu betrachten, würde jedoch zu kurz greifen. Gleichzeitig wurde auch das Umfeld neu gestaltet und Eigentümer umliegender Gebäude haben ihre Fassade saniert. So ist ein schmucker und repräsentativer Ortskern entstanden.
Zunächst war der Rathausneubau in der Bevölkerung umstritten
Schmid berichtet von den Anfängen der Planung. „Der Bau war natürlich umstritten, das hat sich aber schnell gelegt.“ Die Aussage bezieht sich auf den Bau selbst, eine Symbiose aus modernen und klassisch-traditionellen Elementen. Ersteres betrifft die Transparenz des Gebäudes – hervorgerufen durch viel verbautes Glas, das beispielsweise umfassenden Einblick von außen in eine laufende Gemeinderatssitzung erlaubt. Und in der dunkleren Jahreszeit ist der Ratssaal mit einer kunstvollen LED-Beleuchtung aus großen Ringen, die an der Decke hängen, beleuchtet. Auch das ist von außen sichtbar.
Traditionelles Element ist der Klinkerstein, der als Baumaterial diente. Er kommt aufgrund der hier verwendeten Variante „nicht so geschleckt“ daher, sondern eher warmherzig, meint Bürgermeister Schmid. Durch den „Dominoeffekt“, dass auch andere Eigentümer aktiv wurden, „haben wir die Aufenthaltsqualität massiv steigern können“. Die bis dahin unklare Parkplatzsituation wurde geordnet, eine neue Bushaltestelle eingerichtet und Wasserspiele vor dem Eingangsbereich eingerichtet. Insgesamt kostete der Bau samt Marktplatzgestaltung sieben Millionen Euro. Davon stammen zwei Millionen Euro aus einem Bund-Länder-Sanierungsprogramm.
Gemarkung hat einen hohen Waldanteil
Rund zwölf Kilometer östlich von Esslingen liegt Baltmannsweiler. Neben der Zugehörigkeit zum Kreis Esslingen gehört Baltmannsweiler außerdem zur Region Stuttgart und zur Europäischen Metropolregion Stuttgart. Die Kommune hat rund 5700 Einwohner, dazu gehören auch die Einwohner des Ortsteils Hohengehren. Auffällig ist der hohe Waldanteil der Kommune: Er umfasst 67 Prozent des Gemeindegebiets. Über die Geschicke des Ortes entscheidet der 14-köpfige Gemeinderat, dem Bürgermeister Simon Schmid (parteilos) vorsteht. Er ist 2015 ins Amt gewählt und Anfang März dieses Jahres mit 98,3 Prozent bestätigt worden.
Im Innern des Gebäudes kann nun – im Gegensatz zu vorher im Rathaus mit viel Schrägdach – moderne Verwaltungsarbeit umgesetzt werden. Lassen es die Gegebenheiten zu – so wie in Baltmannsweiler -, gehen die Verwaltungen dazu über, die publikumsintensiven Leistungen gleich im Eingangsbereich anzubieten. Das betrifft vor allem die Bürgerbüros und in Baltmannsweiler auch das Trauzimmer. Im Foyer sind auch Ausstellungen und kleinere Vereinsveranstaltungen möglich, etwa bei Jubiläen. „Wir können unser Haus mit Leben füllen und nehmen den Bürgerservice ernst“, betont Schmid. Und das lebe man auch unter den Verwaltungsmitarbeitern vor.
Insgesamt arbeiten im Rathausgebäude 20 Personen. Die gehörten in der Coronapandemie zu den ersten im Landkreis, die das Rathaus wieder für die Öffentlichkeit zugänglich machten. Gleichzeitig hat sich natürlich auch hier eine Wandlung vollzogen, was das Arbeiten angeht. „Der Mittwoch ist unser Homeoffice-Tag“, verweist Bürgermeister Schmid auf ein ungeschriebenes Gesetz, das man aus der Pandemie heraus beibehalten habe. Dienstags hingegen sei hier der „Rushhourtag“ mit besonders viel Publikumsverkehr.
Die Architektur gibt Einblicke in den Ratssaal und raus in die Gemeinde
Der Ratssaal ist sozusagen die Herzkammer der Kommunalpolitik. Die Einblicke, die der Saal von außen zulässt, funktionieren naturgemäß auch umgekehrt: als Blick der Gemeinderäte in die Kommune hinein und damit zu den Bewohnern des Ortes – freilich nur eine Interpretation der Architektur, eine reizvolle allerdings. Ein Blick in das Bürgermeisterzimmer offenbart hingegen Normalität. „Die Möbel hier bei mir sind eher Volkswagen und nicht Mercedes.“ Das aber liegt im Trend der Kommunen, möglichst sparsam mit den Mitteln umzugehen. Dem beinahe schon sprichwörtlichen Vorwurf, goldene Wasserhähne verbaut zu haben, will man sich nirgends aussetzen.
Eine Besonderheit hat das Haus dann noch zu bieten: Im zweiten Obergeschoss ist eine Ecke des Gebäudes quasi ausgespart worden. Das hat baurechtliche Gründe. Dort konnte dieses zweite Geschoss mit Blick auf das Umfeld des Gebäudes nicht vollständig umgesetzt werden. So hat man kurzerhand eine Terrasse eingerichtet, die unter anderem in der warmen Jahreszeit von den Mitarbeitenden als Pausenzone genutzt wird.
Quelle/Autor: Marcus Dischinger