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Interview Peter Kurz: „Durch Kulturkämpfe ist nichts zu gewinnen“
Staatsanzeiger: Herr Kurz, wie geht es Ihnen in der letzten Woche als OB?
Peter Kurz: Unverändert, es ist Betrieb bis zum Schluss. Zu meiner eigenen Überraschung findet meine letzte Gemeinderatssitzung sechs Stunden vor Dienstende statt.
Sie erwähnten bei Ihrer Abschiedsrede als Städtetagspräsident, dass eine Staatssekretärin eines Bundesministeriums zu Ihnen gesagt habe, „es kann ja nicht sein, dass die Kommunen dem Bund sagen, was er zu machen hat“. Haben Sie diese Haltung öfters erlebt?
Ja, das Verständnis von anderen politischen Ebenen für Kommunen ist das einer Ebene von geringerer Relevanz, einer Umsetzungsebene. Dort werden aber Konzepte entwickelt, die relevant sind für andere politische Ebenen und für ihre Aufgabenstellungen. Diese Sicht war bisher nicht sehr ausgeprägt im Bewusstsein und schon gar nicht in der Praxis.
Wie können Kommunen besser in Entscheidungen einbezogen werden?
Die Kommunen sitzen in den gesetzgeberischen Verfahren des Bundes nicht mit am Tisch. Vor allen Dingen in Fragen der ökologischen Transformation braucht es einen direkten Austausch, der die Erfahrungen der Kommunen im konkreten Handlungsfeld nutzbar macht. Es braucht einen Regelkreis, mit dem überprüft wird, ob das, was beschlossen wurde, die richtige Wirkung entfaltet und um gegebenenfalls nachzusteuern.
In Stuttgart sprachen Sie auch an, dass Kulturkämpfe den demokratischen Diskurs auf Dauer unmöglich machten.
Es war der Appell, sich daran nicht zu beteiligen. Die Erkenntnis, dass Demokraten durch Kulturkämpfe nichts zu gewinnen haben, ist noch nicht bei allen präsent.
Beispiel Verkehrspolitik. Der Verzicht aufs Auto sollte nicht zum Kulturkampf ausgeweitet werden?
Wenn man sich darauf verständigt, dass die Reduktion von individueller Mobilität für die Ökologie und für die Stadtqualität notwendig ist, hat man immer noch viele Kontroversen im Detail zu lösen. Aber diese Fragen werden zu einer Haltungsfrage gemacht nach dem Motto „Bin ich für oder gegen das Auto“. Dabei wird niemand ernsthaft bestreiten, dass sich die Frage im Innenstadtbereich anders beantwortet als im ländlichen Bereich. Ähnlich verhält es sich mit den Fragen zur Ernährung, Mode oder zur Kreislaufwirtschaft. Ich kann diese Themen aber auch nicht aus der politischen Diskussion ausklammern, weil sie in ihrer ökologischen und sozialen Dimension so relevant geworden sind. Wir sind als Konsumenten eben auch Gegenstand von Regelungen.
Wie empfinden Sie das Bild, das man im Rest des Landes von Mannheim hat?
Das Bild hat sich verändert. Wenn ich 16 oder 20 Jahren zurückdenke, sehr stark. Damals wurde Mannheim eher als der „Problemfall im Norden“ wahrgenommen. Natürlich sind die Herausforderungen nicht verschwunden. Aber die Potenziale und der Beitrag Mannheims für die positiven Entwicklungen des Landes sind präsenter geworden.
Können andere Städte von Mannheim lernen?
Ja, in dem Sinne, dass wir immer von anderen gelernt haben. Wir haben uns konsequent im In- und Ausland an anderen Kommunen orientiert und uns inspirieren lassen.
Der neue OB, Christian Specht, ist CDU-Mitglied. Warum ist Mannheim keine SPD-Hochburg mehr?
Diese Entwicklung ist nicht erst 2023 eingetreten, wir hatten schon in den 90er-Jahren Direktmandate verloren. Hinzu kommt, dass eine Oberbürgermeisterwahl eine starke persönliche Prägung hat, und mit dem Ersten Bürgermeister der OB-Stellvertreter angetreten ist. Deshalb würde ich hier die parteipolitische Analyse nicht zu hoch hängen.
Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?
Meine Frau und ich wollen noch bis zum Ende der Bundesgartenschau in Mannheim bleiben, ehe wir auf Reisen gehen. Diesen Abstand werde ich brauchen, um zu sehen, in welchem Umfang und zu welchen Themen ich meine Erfahrung künftig einbringen kann.
Regierungspräsidium bestätigt Gültigkeit von OB-Wahl
Das Regierungspräsidium Karlsruhe (RP) hat die Gültigkeit der Oberbürgermeisterwahlen in Mannheim bestätigt. Zwei Wahlberechtigte hatten Einsprüche gegen die Neuwahl erhoben. Ein Einspruch wurde zurückgenommen. Die Einspruchsgründe des anderen Wahlberechtigten hat das RP zurückgewiesen.
Gegen die Zurückweisung kann noch geklagt werden. Der Gemeinderat hat sich zu einer Sondersitzung am Donnerstag, nach Redaktionsschluss, getroffen.
Das Gespräch führte
Philipp Rudolf