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Gewalt in Freibädern beschäftigt die Fraktionen im Landtag
STUTTGART. Auf Antrag der AfD-Fraktion diskutierte der Landtag an diesem Donnerstag in einer aktuellen Debatte über die zunehmende Gewalt in Freibädern. Für die AfD kritisierte Daniel Lindenschmid (AfD), dass das Problem nicht ernst genug genommen werde.
Lindenschmid führte Beispiele aus den vergangenen Wochen an. So sei es in Mannheim in einem Freibad zu einer Massenschlägerei mit 40 Beteiligten gekommen. In Malsch (Landkreis Karlsruhe) wurde ein Bademeister verprügelt, und in Stuttgart, Asperg und mehreren Freibädern im Landkreis Esslingen sei es zu sexuellen Übergriffen gekommen. Unter den Opfern seien auch Minderjährige. Wie das Innenministerium durch eine kleine Anfrage der AfD-Fraktion festgestellt habe, erfasste die Polizei 2022 knapp 1200 Straftaten in Freibädern. „Dabei ist die Zahl der Rohheitsdelikte wie Körperverletzungen um über 25 Prozent im Vergleich zum Jahr 2019 gestiegen“, so Lindenschmid. Die Politik der Worte statt Taten, die Politik der Androhungen statt der Konsequenzen habe dafür gesorgt, „dass sich marodierende Migrantenmobs inzwischen alles erlauben und auch keinerlei Respekt mehr vor der Polizei haben“.
„Wir sind nicht der Wannsee“
2022 erfasste die Polizei 1174 Straftaten in Freibädern – und damit 166 Prozent mehr als im Vorjahr. Innenminister Thomas Strobl (CDU) sieht aber in Baden-Württemberg keine vergleichbaren Probleme mit Gewalt in Freibädern wie in Berlin. „Wir sind nicht der Wannsee, wir sind in Baden-Württemberg“, sagte Strobl am Donnerstag im Landtag in Stuttgart. Man habe die Lage im Blick. Es gebe jedoch keinen Grund, die Menschen zu verunsichern. In Berlin hatte es jüngst in Freibädern immer wieder Gewaltausbrüche gegeben. In Baden-Württemberg sei zwar die Zahl zuletzt gestiegen, im Vergleich zum Vor-Pandemie-Jahr 2019 sei sie aber um 14,9 Prozent gesunken. 2015 waren es 1888 Fälle. Die Zahl der Straftaten in der Tatörtlichkeit Freibäder befindet sich auf einem Tiefststand seit dem Jahr 2015. Der Rückgang der Zahl der Straftaten beträgt 40 Prozent. Das seien die Fakten.
Tim Bückner (CDU) sagte, dass die Probleme nicht so extrem seien, wie sie derzeit wahrgenommen würden. Er bezeichnete den von der AfD gewählten Titel der Debatte – „Sommer, Sonne, Schlägereien: Geht die innere Sicherheit baden?“ als maßlose Übertreibung. Man sei in Deutschland und gerade auch in Baden-Württemberg weit davon entfernt, ein flächendeckendes Gewaltproblem in Freibädern zu haben. Dennoch sei jedes Delikt eines zu viel. Problematischer sieht er den Mangel an Bademeistern, deren Zahl werde geringer, doch die Zahl der Badegäste gehe nicht zurück.
Grüne: Positives Beispiel aus Tübingen
Für Fadime Tuncer (Grüne) ist die Situation bezüglich Gewalttaten und sexueller Übergriffe in Freibädern ein wichtiges Thema, über das diskutiert werden müsse. Klar sei aber auch, „jegliche Form der Gewalt und Übergriffe lehnen wir konsequent ab“. Stigmatisierungen aber „sind und bleiben immer menschenverachtend, diskriminieren und grenzen aus“. Es brauche eine sachliche Debatte. Wie für jede Großveranstaltung müsse auch in Freibädern, wenn notwendig, ein Deeskalations- und Sicherheitskonzept erarbeitet und umgesetzt werden. Wenn erforderlich, könnten auch multikulturell aufgestellte Teams dabei helfen. Als positives Beispiel führte sie Tübingen an, dort gebe es schon seit 2016 einen Bademeister mit syrischem Migrationshintergrund; ein weiterer Bademeister mit Migrationshintergrund sei später hinzugekommen. Auch gebe es zahlreiche erfolgreiche Projekte wie die Konflikt- und Respektlotsen im öffentlichen Raum in Stuttgart oder „Cool am Pool“.
Sascha Binder (SPD) sagte, dass wenn es um Freibäder gehe, dann gehe es auch darum, dass es überhaupt noch Freibäder gibt. „Ich glaube, Sie haben vorhin die Zahl 400 genannt – Tendenz sinkend, weil die Städte und Gemeinden nicht mehr in der Lage sind, entweder Sanierungsmaßnahmen durchzuführen oder die Betriebskosten zu zahlen“. Für Binder müssen Freibäder auch in Zukunft ein Raum sein, in dem sich die Gesellschaft, die Menschen treffen. „Natürlich gibt es diese Straften und Vorfälle, die gibt’s schon lange.“ Gegen die gehe man auch schon lange vor, schon viel länger, als es die AfD in Deutschland gebe. Natürlich müssten gegenüber Personen, die sich in Freibädern nicht an die Regeln halten, die Straftaten begingen, auch Hausverbote erteilt und Dauerkarten entzogen werden. Er sprach sich aber deutlich gegen eine Videoüberwachung in Freibädern aus.
Straftaten haben laut FDP sprunghaft zugenommen
Julia Goll (FDP) zufolge sind die Fakten so, dass Straftaten in Freibädern 2022 gegenüber den Pandemiejahren sprunghaft zugenommen haben. 2019 waren sie um knapp 15 Prozent zurückgegangen. „Aber traurige Tatsache ist, die Rohheitsdelikte sind im Vergleich zum Jahr 2019 deutlich angestiegen – um knapp 26 Prozent. Das ist ein Problem“, sagte sie. Und das müsse zu denken geben. „Da müssen Konzepte her. Niemand verschweigt dieses Problem.“
Aber die Lösung sei eben auch nicht so einfach, wie die AfD darstelle. „Vorurteile, Vorverurteilungen, das bringt alles überhaupt nichts“, sagte Goll. Innenminister Strobl verwies darauf, dass die regionalen Polizeipräsidien grundsätzlich mit den Betreibern von Freibädern in einem engen Austausch und als Ansprechpartner in Sicherheitsfragen zur Verfügung stünden. In Ergänzung zu den örtlichen Sicherheitskonzepten würden teils private Sicherheitsunternehmen beschäftigt. „Das ist gut und richtig so, um einschreiten zu können, um sofort das Hausrecht ausüben zu können“, so Strobl.