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Wiedereinführung von G9: Kultusministerin Schopper veranschlagt halbe Milliarde Euro
STUTTGART. Kosten von etwa einer halben Milliarde Euro veranschlagt Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) für eine Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums. Vor allem die SPD stellt diese Zahlen in Abrede. Außerdem übt die Opposition scharfe Kritik an der geplanten Bürgerbeteiligung zu dem heiklen Thema.
Ein Versprecher unterstreicht die Lage. „Wir stehen vor wirklich großen Ausgaben“, sagt Schopper in der von der SPD beantragten Aktuellen Debatte „Mehr G 9 ermöglichen! Ohne Warteschleife zur echten Wahlfreiheit!“. Und die Grüne korrigiert sich sofort: „Vor wirklich großen Aufgaben.“ Größte Sorgenfalten bereite ihr die Situation an den Grundschulen im Land, weil es nicht hinnehmbar sei, dass 20 Prozent der Kinder Leistungen unter den Mindeststandards erbringen und weitere 20 Prozent kaum die Regelstandards erreichen. Ihre „alleroberste Priorität“ sei, dem entgegenzuarbeiten.
Für die SPD-Fraktion ist der Umgang der Landesregierung mit dem – unbestritten vorhandenen – Elternwunsch nach Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium schon deshalb falsch, weil neue Lehrkräftestellen überhaupt nicht anfallen. Stefan Fulst-Blei schlägt vor, einfach die 300 Wochenstunden aus dem G8 zu strecken und auf G9 zu verteilen, „dann ist keine weitere Lehrerstunde im Deputat notwendig“. Thomas Poreski (Grüne) nannte diese Rechnung einen Zaubertick. Außerdem gebe es überhaupt nicht den Platz für einen zusätzlichen Jahrgang: „Wollen Sie allen Ernstes einen Zusatzaufwand von bis zu einer halben Milliarde Euro für das Land auslösen und ebenso viel für die Kommunen?“ Die hätten „weder das Geld noch die räumliche Kapazität“.
FDP gegen Bürgerbeteiligung zu G9
Eine zweite scharfe Kontroverse löste die von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) angestoßene dialogische Bürgerbeteiligung an. Am vergangenen Montag wurden die ersten Weichen für die Beratungen in einem Forum aus zufällig ausgewählten Bürgern gestellt. „Lauter Argumente, aber nichts Neues“, fasste Fulst-Blei die fünfstündige Veranstaltung zusammen. Dabei sei alles ausgetauscht und das Bürgerforum allein dazu da, um G9 für das Schuljahr 2023/2024 und möglicherweise auch noch für das Schuljahr 2024/2025 zu beerdigen.
„Wir Freie Demokraten halten von dieser Bürgerbeteiligung nichts“, erklärte auch FDP-Fraktionsvize Timm Kern, „weil wir der Überzeugung sind, dass in Sachen G9 jetzt gehandelt werden kann und muss, statt weiter zu diskutieren.“ Und Kern warf der Koalition vor, das Gymnasium durch G8 weiter unattraktiv zu halten, „um das grüne Lieblingskind Gemeinschaftsschule zu unterstützen“. Auch Rainer Balzer (AfD) monierte, dass allein von Eltern und Schülern strapaziert werde durch „einen Knochen namens Bürgerdialog“.
CDU verteidigt Bürgerdialog
Eine Einschätzung, der Alexander Becker (CDU) deutlich widersprach. Der Rastatter Abgeordnete verteidigte das Bürgerforum, trotz des Bekenntnisses seiner Fraktion zum Abitur nach neun Jahren. Die dialogische Bürgerbeteiligung als „Warteschleife“ abzukanzeln, sei weder in der Sache für angemessen noch für respektvoll gegenüber den Beteiligten.
Und die Staatsrätin für Zivilgesellschaft Barbara Bosch sah sich ebenfalls aufgerufen, der Einschätzung, es handle sich bei dem Forum um einen Stuhlkreis, entgegenzutreten. Sie habe durch die Prozesse zu den unterschiedlichsten Themen „einen großen Respekt vor den Bürgerinnen und Bürgern gewonnen, die mitwirken“. Am Schluss gelangten sie immer zu Empfehlungen, nicht nach dem Motto: schwarz oder weiß. Was für G8 oder G9 bedeute, dass immer auch das Wie und die Ausgestaltung mitbehandelt wird und nicht nur das Ob.
Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
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