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Gesetzgebung im Landtag: Vom Entwurf zum Beschluss
STUTTGART. Der Landtag kann Gesetze beschließen. Das Recht, Gesetzentwürfe einzubringen (Gesetzesinitiativrecht), steht der Regierung und den Abgeordneten zu, prinzipiell auch dem Volk. Doch welche Schritte werden durchlaufen, bis es zu einem Beschluss kommt?
1. Der Gesetzentwurf
Die Landesregierung aber auch Abgeordnete des Landtags können Gesetzentwürfe einbringen. Man spricht dabei vom Initiativrecht. So können der Ministerpräsident oder die Landesminister einen Entwurf einbringen sowie mindestens acht Abgeordnete oder eine gesamte Fraktion. Liegt ein Gesetzentwurf vor, so erhält diesen jede Fraktion.
Beispiel: Das Wahlalter bei Landtagswahlen soll auf 16 Jahre gesenkt werden. Hierfür ist eine Verfassungsänderung nötig. Die Fraktion der Landwirtschaftspartei (LWP) hat den Gesetzentwurf eingebracht.
2. Erste Fraktionssitzung
Im nächsten Schritt bespricht jede Landtagsfraktion, wie sie zu dem Gesetzentwurf steht und wie das weitere Vorgehen aussehen soll.
Beispiel: Nicht alle Fraktionen sind für das Gesetz, auch sind einzelne Abgeordnete in den Fraktion dagegen, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken.
3. Erste Beratung im Plenum
Der Landtagspräsident eröffnet in der ersten Beratung das Gesetzgebungsverfahren. In der ersten Beratung wird im Plenum über die Grundsätze des Gesetzentwurfs gesprochen. Anschließend überweist der Landtagspräsident den Entwurf an die zuständigen Ausschüsse.
Beispiel: Die Landwirtschaftspartei (LWP) befürwortet den Entwurf, da 16-Jährige in ihren Augen schon reif genug sind und genug über Politik Bescheid wissen, um wählen zu dürfen. Auch könnte dies der Politikverdrossenheit entgegenwirken. Auch der demografische Wandel sei ein Problem: Es gibt immer mehr ältere Menschen, die dann auch Wahlentscheidungen treffen, die der älteren Generation mehr Vorteile bringen als der jüngeren.
Die Partei der Konservativen (PDK) steht dem ganzen kritisch gegenüber, da bisher auch Ältere eher ihre Partei wählen. Man wolle auf anderen Wegen die Jugendlichen für mehr Politik begeistern. Jedoch könnte das Wählen ab 16 die Demokratie stärken.
4. Ausschusssitzungen
Man unterscheidet zwischen dem mitberatenden Ausschuss und dem federführenden Ausschuss/ ständigen Ausschuss. Sowohl der mitberatende als auch der federführende Ausschuss besteht aus Mitgliedern aller Fraktionen. Der federführende Ausschuss hat die Hauptzuständigkeit für den Gesetzentwurf.
Zunächst setzt sich der mitberatende Ausschuss fachlich mit dem Entwurf auseinander und gibt dem federführenden Ausschuss eine Empfehlung. Der federführende Ausschuss setzt sich ebenfalls fachlich mit dem Gesetzentwurf auseinander und schreibt eine Beschlussempfehlung, die jede Fraktion erhalten wird.
Beispiel: Der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration bildet den mitberatenden Ausschuss und beschäftigt sich zum Beispiel mit den Fragen: Können Jugendliche die Folgen ihrer Wahl abschätzen und welche Maßnahmen sind nötig, um Jugendliche über ihr Wahlrecht zu informieren. Der ständige, bzw. federführende Ausschuss beschäftigt sich mit der Frage, ob das Wahlalter gesenkt werden soll, ob damit der Politikverdrossenheit entgegengewirkt werden kann und oder der Entwurf die Jugendbeteiligung stärkt oder ob andere Möglichkeiten der Beteiligung zielführender wären.
5. Fraktionssitzungen
In der zweiten Fraktionssitzung berichten die Ausschussmitglieder ihrer Fraktion über die Arbeit in den Ausschüssen. Die Fraktion diskutiert untereinander über die Entscheidungen, die gefallen sind und kann Änderungsanträge formulieren. Auch wird eine Rede für die zweite Beratung im Plenum verfasst.
Beispiel: Die LWP-Fraktion berichtet ihren Abgeordneten, dass die Ausschussmitglieder merheitlich für die Senkung des Wahlalters sind – so tun es auch die anderen Mitglieder in ihren Fraktionen. Die PDK-Fraktion ist nach wie vor gegen die Senkung des Wahlalters und bereitet eine entsprechende Rede vor.
6. Zweite Beratung
Im Plenum folgt die Vorstellung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses sowie die Vorstellung der Änderungsanträge der Fraktionen, sofern welche vorliegen. Die Abgeordneten tragen ihre Stellungnahmen vor und stimmen mehrheitlich über die Änderungsanträge ab.
Beispiel: Einige der Änderungsanträge der PDK-Fraktion wurden angenommen, etwa die stärkere Beteiligung von Jugendlichen an sie betreffenden Themen.
7. Dritte Beratung, falls erforderlich
Nur, wenn es sich um besonders bedeutsame Gesetzentwürfe handelt, zum Beispiel um eine Verfassungsänderung, kann es eine dritte Beratung im Plenum geben.
8. Schlussabstimmung im Plenum
Nach der zweiten (oder dritten) Beratung wird in einer Schlussabstimmung über den Entwurf als Ganzes mit all seinen Änderungen abgestimmt. Der Landtagspräsident liest den Entwurf vor und bittet die Abgeordneten um Stimmabgabe. Danach schließt der Präsident den Gesetzgebungsprozess ab.
Beispiel: Zweidrittel der Abgeordneten stimmt für den Gesetzentwurf.
9. Ausfertigung des Gesetzes
Stimmt die einfache Mehrheit dafür, so gilt das Gesetz als beschlossen. Der Ministerpräsident fertigt das Gesetz aus, anschließend wird es im Gesetzblatt des Landes Baden-Württemberg verkündet und tritt damit in Kraft. Für eine Änderung der Verfassung ist eine Zweidrittelmehrheit nötig.
Beispiel: Das Gesetz gilt als beschlossen. Der Ministerpräsident fertigt das Gesetz aus und bei der nächsten Wahl gilt in diesem Szenario das Wahlalter ab 16.
Planspiele zur Arbeit im Landtag gibt es von der Landeszentrale für politische Bildung.