Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Thomas Strobl stärkt der Polizeipräsidentin Hinz den Rücken
STUTTGART. Wer gedacht hätte, der Innenminister könnte auch nur ein Jota von seiner Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz abrücken, sah sich getäuscht. „Es gibt gewaltige Herausforderungen für die Polizei“, sagt Strobl auf der Landespressekonferenz am Donnerstag, „das mache ich sehr gerne zusammen mit der Polizeipräsidentin.“ War da was? Immerhin hatte Hinz im Untersuchungsausschuss über mögliche Einflussnahmen von CDU-Politikern auf die Personalfindung bei der Polizei berichtet.
Strobl: Keine Sekunde wollte ich das SEK auflösen
Oder von Zitaten des inzwischen suspendierten Polizeiinspekteurs Andreas Renner, der das SEK-Kommando als „in Strampelanzügen nett aussehende Jungs“ bezeichnet hatte. Und das SEK sogar auflösen wollte. Eben jenes SEK, das erst kürzlich eine Geiselnahme in Karlsruhe unblutig beendet hatte. Strobl sagt dazu nur: „Ich hatte nicht eine Sekunde in meinem Leben Überlegungen, das SEK aufzulösen.“
Zu den despektierlichen Aussagen von Renner sagt der Minister: „Ich kenne diese Aussagen nicht. Und was ich nicht kenne, bewerte ich nicht.“ Entgegen dem, was „grob falsch“ verbreitet werde, sei die Ausstattung „exzellent und spitze.“ Der CDU-Politiker verweist auf ein teures Fahrzeug zur ABC-Bekämpfung oder moderne Hubschrauber mit Fünfblattrotoren.
Ansonsten wollen Strobl und Hinz erkennbar wenig über das Thema reden, sondern berichten lieber ausführlich vom aktuellen Einsatz gegen Reichsbürger in Reutlingen, wo ein Beamter angeschossen wurde. 3800 Reichsbürger registriere man im Südwesten, die Szene sei „hochgefährlich“, es seien sogar Kriegswaffen gefunden worden.
So hilft die Aktualität – zumindest bis Montag, wenn die Befragung von Hinz im Untersuchungsausschuss weitergeht. Ansonsten richtet sich der Blick auf die Kriminalitätsstatistik 2022 – die in einigen Bereichen Anstiege zu verzeichnen hat, etwa in der Ausländerkriminalität oder bei Straftaten unter Jugendlichen. Strobl rechnet die Zahlen jedoch anders. „Im Vergleich zum Jahr 2019 vor der Pandemie, ist die Zahl der Straftaten mit 550 000 um 4,1 Prozent niedriger“, so der Minister. Mit dem „Leben nach dem Lockdown“ komme eben auch die Kriminalität zurück.
Dass weniger Wohnungseinbrüche und Taschendiebstähle stattfänden, wenn die Menschen zu Hause seien, liege auf der Hand. Daher sei der Vergleich mit den beiden vorigen Corona-Jahren irreführend.
Fast 5500 Angriffe auf Einsatzkräfte gezählt
Besonders positiv findet er den langfristig zu verzeichnenden Rückgang der Wohnungseinbrüche. Strobls Fazit: „Baden-Württemberg bleibt eines der sichersten Länder, die Gefahr, einer Straftat zum Opfer zu fallen, ist so niedrig wie seit 40 Jahren nicht mehr.“ Alles eitel Sonnenschein ist dann aber doch nicht. So ist die Zahl der Angriffe gegen Einsatzkräfte bei einem „alarmierenden Höchststand“, fast 5500 solche Fälle wurden gezählt. Und auch bei Cybercrime, also Online-Erpressungen oder Hackerattacken, geht die Kurve nach oben. Nicht zuletzt bei betrügerischen Anrufen, um Geld zu erpressen, dem „Enkeltrick“. Solche Schockanrufe gab es 19 000 Mal im vergangenen Jahr. „Die Betroffenen stehen unter Schock, und das sind keineswegs nur 95-Jährige“, so der Minister. Auch Hinz verweist darauf, dass es hier derzeit eine große, bundesweite Welle gibt.
So bleibt also viel zu tun für die Polizei. Diese Botschaft wollen Strobl und Hinz dann auch vor der Landespresse setzen: Wir sind an der Arbeit, stehen zusammen, und die Debatten im Untersuchungsausschuss sind eine andere Welt.
Rund 550 000 Straftaten im vergangenen Jahr
Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) verzeichnet im vergangenen Jahr rund 550 000 Straftaten, die Aufklärungsquote liegt bei 61,4 Prozent. Je 100 000 Einwohner liegt die Kriminalitätsbelastung bei 4944 Straftaten. Nimmt man die beiden Pandemie-Jahre aus, ist dies laut Innenministerium die niedrigste Quote seit dem Jahr 1984. Im öffentlichen Raum, was für das Sicherheitsempfinden wichtig ist, wurden 264 000 Straftaten gezählt, rund 3000 weniger als im Jahr 2019, aber deutlich mehr als im vorigen Jahr. Insgesamt gab es über 11 000 Fälle von Cybercrime, dazu hat das LKA jetzt eine eigene Abteilung.