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FDP im Landtag kann Wahlrechtsreform nicht durchsetzen
STUTTGART. Die Liberalen konnten ihre Idee nicht umsetzen, die Zahl der Wahlkreise in Baden-Württemberg von 70 auf 38 zu verringern. Damit wollten sie den Landtag auf die ursprünglich angepeilte Größe von 120 Abgeordneten zurückführen. Da nützte es FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke auch nicht, in der Debatte einen Grünen zu zitieren: Wer die Vergrößerung des Landtags „für reine Spekulation hält“, so Joachim Behnke, „der verhält sich wie jemand, der eine Hütte auf einem gewittergefährdeten Gipfel baut ohne Blitzableiter, und wer das macht ist entweder besonders gottesgläubig oder dumm, oder er plant einen Versicherungsbetrug.“
CDU-Fraktionsgeschäftsführer Andreas Deuschle warf der FDP vor, weniger Demokratie zu wollen: „Eine Reduzierung der Wahlkreise geht nur auf Kosten von Demokratie und Bürgernähe, und weniger Direktmandate heißt weniger Demokratie.“
„Nicht nur am Parlament sparen“
Unbestritten ist, dass baden-württembergische Landtagsabgeordnete schon heute mehr Bürger und Bürgerinnen als der Durchschnitt der anderen 15 Bundesländer vertreten. In Mecklenburg-Vorpommern sind es Daniela Evers zufolge 44.000, in Sachsen-Anhalt 53.000, in Brandenburg 57.000, in Rheinland-Pfalz 78.000 und in Niedersachsen 91.000. „Und bei uns gegenwärtig 158.000“, sagt die Grüne. Nach dem Gesetzentwurf der FDP würde mit fast 300.000 Menschen pro Wahlkreis Baden-Württemberg einsamer Spitzenreiter. „Wir als CDU-Landtagsfraktion sind auch für Einsparungen“, sagte Deuschle, „wir müssen die Kosten, die Steuergelder der Bürgerinnen und Bürger im Auge behalten, aber hier einseitig allein das Parlament in den Fokus zu nehmen und an anderer Stelle das Geld mit vollen Händen auszugeben, das passt für uns irgendwie nicht zusammen.“
Mit Millionenkosten der Wahlrechtsreform von Grün-Schwarz und der Einführung von Listen und Stimmensplitting rechnet ohnehin Hans-Jürgen Goßner (AfD). Die „Verschwenderkoalition“ verfahre nach dem Motto „Nach uns die Steuersintflut“. Der vorgelegte Gesetzentwurf sei allerdings auch nur „das Schauspiel einer sterbenden FDP/DVP“, die sich vielleicht im nächsten Landtag „nicht mehr um einen Sitz- und Parkplatz balgen muss“. Die AfD spiele dieses Spiel nicht mit, „das nur wenige Gewinner in den Bonzenetagen der Parteien kennt, aber Millionen Verlierer im steuerzahlenden Volk“.
SPD: Der Wähler entscheidet
Sascha Binder (SPD) äußert einen speziellen Wunsch, um den Landtag auf seine Ursprungsgröße zurückzuführen. Abhilfe schaffen würde ein Wahlergebnis wie im Saarland, mit der weitgehenden Übereinstimmung von Erst- und Zweitstimmen, so dass Ausgleichsmandate nicht notwendig werden. „Das hätte nicht nur eine absolute Mehrheit für die SPD und einen kleineren Landtag auch in Baden-Württemberg zur Folge“, so der Fraktionsvize. Vielmehr zeige die Idee, wie die „theoretischen Spiele der FDP“ den Willen des Wahlvolks bei der Landtagswahl 2026 vorwegnähmen. Denn: „Die Größe des Parlaments hat nichts mit einer Stimme oder zwei Stimmen zu tun, sondern damit, für was sich die Wählerin und der Wähler am Ende entscheidet.“
Rülke hält mit den Ergebnissen der Anhörung der Fachleute dagegen und findet, man könne seinen Wahlkreis „durchaus auch betreuen, wenn er etwas größer ist“. Um die erwartete Vergrößerung ab 2026 auf 200 Abgeordnete zu illustrieren, hatte er eine Matrjoschka mitgebracht, die berühmte russische Schachtelpuppe. Die kleinste stehe für die ursprünglich gewünschte Zahl von 120 Abgeordneten, die größte für die von Experten vorhergesagte Entwicklung.
Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer