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Beim neuen Tariftreuegesetz sind sich CDU und Grüne uneins
STUTTGART. Noch im ersten Halbjahr 2023 soll ein Entwurf für das neue Tariftreue- und Mindestlohngesetz für öffentliche Aufträge in Baden-Württemberg vorgelegt werden – das kündigte Felix Herkens von der Grünen-Fraktion an. Damit setzt der größere Regierungspartner in der Debatte um einen SPD-Gesetzentwurf deutlich andere Akzente als die CDU-Fraktion. Denn Manuel Hailfinger (CDU) findet angesichts der „multiplen Krisensituationen“, man könne es sich „einfach nicht leisten, die Gesellschaft und auch die Unternehmen weiter zu belasten“.
Wer glaube, dass sich Grüne und CDU an Vereinbarungen im Koalitionsvertrag halten, „der wurde heute einmal mehr eines Besseren belehrt“, konterte Boris Weirauch (SPD). Seine Fraktion hatte einen Mindestlohn von gut 13 Euro durchsetzen wollen, eine Stärkung der Tarifbindung durch die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen auf Unternehmen, die nicht in Arbeitgeberverbänden organisiert sind sowie ein Verbot der Tarifflucht bei Privatisierung durch die öffentliche Hand.
„Unsere soziale Marktwirtschaft benötigt klare Schutzvorschriften, wenn es zu Fehlentwicklungen kommt, wenn Wettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird, auch auf dem Rücken der vielen ehrlich arbeitenden Unternehmen, der Handwerksbetriebe, der Dienstleistungsunternehmen im Land.“ Wer nicht handle, lege die Axt an die soziale Balance der Gesellschaft.
Bürokratiemonster gehöre abgeschafft
Für die FDP interpretierte Hans Dieter Scheerer die Ergebnisse der Anhörung zum SPD-Gesetzentwurf als grundsätzliches Nein. Er hoffe, „das sich die Fraktionen von Grünen und CDU auch noch in einigen Wochen daran erinnern können“. Denn die angekündigte Gesetzesänderung durch die Landesregierung sei „vollkommen überflüssig“ und „dieses Bürokratiemonster einfach abzuschaffen“.
Zuerst müsse der Nachweis erbracht werden, dass ein Unternehmen tarifgebunden ist, und das werde auch noch kontrolliert. Gerade mit Blick auf den Abbau von Bürokratie brauche es ein solches Gesetz nicht. In der Anhörung jedenfalls seien die Gewerkschaftsvertreter die Einzigen gewesen, die dem Vorstoß der SPD „zugewandt waren und diesen befürwortet haben“.
AfD warnt vor Überbürokratisierung
Ruben Rupp (AfD) kritisierte den Gesetzentwurf als Ausdruck der Kernkompetenz der Sozialdemokraten: „Durch Überbürokratisierung die Wirtschaft und damit gut bezahlte Arbeitskräfte zu zerstören, „das ist das einzige, was sie wirklich gut kann“.
Für Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) hat sowohl die Erste Lesung im Plenum als auch die öffentliche Anhörung und im zuständigen Landtagsausschuss gezeigt, dass es „keine überzeugenden Argumente“ für den Gesetzentwurf der SPD gibt. Sie kritisierte unter anderem, dass die Regelungen bereits ab einen Auftragswert von 10.000 statt wie bisher von 20.000 Euro gelten solle: „Der Aufbau weiterer Bürokratie darf dieser Form nicht passieren“, denn die sei Grund dafür, dass viele kleinen und mittleren Unternehmen „sogar ihre Geschäfte aufgeben“.
Zugleich sprach sich Hoffmeister-Kraut grundsätzlich für die Beibehaltung des Tariftreue- und Mindestlohngesetzes auf, denn es schütze die heimische Wirtschaft vor Billigkonkurrenz und vor allem auch vor Wettbewerbsverzerrungen. Auch würden dadurch Fachkräfte im Land gesichert. Soweit Änderungen nötig seien, werde „die Landesregierung diese auf den Weg bringen, mit Umsicht und Augenmaß, was dieser aktuelle, jetzt auf dem Tisch liegende Gesetzentwurf der SPD nicht tut“.
Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer