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Für Baden-Baden bedeutet der Ukraine-Krieg
eine Wende in den Beziehungen zu Russland
BADEN-BADEN. Lange sind die Zeiten vorbei, dass Baden-Baden sich als „Sommerhauptstadt Europas“ und Treffpunkt regierender Fürsten nebst Entourage rühmen konnte.
Heute prägen internationale Touristen das Geschehen, seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine und der Besetzung der Krim 2014 zunehmend auch Menschen aus diesem Land: nicht als Urlauber, sondern als Schutzsuchende. Rund 2200 wurden bisher registriert, das sind drei Prozent der Einwohner: Baden-Baden ist ein Hotspot für Geflüchtete.
Katharina II. wählte sich eine badische Schwiegertochter
Die Anfänge einer historischen Entwicklung, deren Nachhall bis heute spürbar ist, liegen mehr als zweihundert Jahre zurück. Auf der Suche nach einer standesgemäßen Ehefrau für ihren 15-jährigen Enkel Alexander betätigte sich Zarin Katharina II. als Strippenzieherin. Er musste die ein Jahr jüngere badische Prinzessin Luise heiraten: Beginn einer bis heute fortdauernden besonderen Beziehung Baden-Badens zu Russland.
Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts sorgten vor allem der russische Geblüts- und Geldadel, später Literaten wie Turgenjew, Dostojewski, Tolstoj und Gogol dafür, dass der Kurstadt das Attribut „russischster Ort in Deutschland“ verpasst wurde. Kur und Casino wurden Magneten. Der Bekanntheitsgrad in Russland wuchs, und das prägt bis heute auch hierzulande das Image, mündend im Vorurteil, „ganz Baden-Baden“ sei in russischer Hand. Daher kaum verwunderlich, dass erst jüngst der Besucher in einem weit entfernten Provinzstädtchen ernsthaft mit dem Ausruf begrüßt wurde, „wenigstens noch ein Deutscher und nicht nur Russen in Baden-Baden“.
Oligarchen und ihr Anhang bleiben der Stadt nun fern
In der Tat haben seit dem Ende der Sowjetunion, den damit einhergehenden politischen Folgen und Umwälzungen der ökonomischen Verhältnisse nicht wenige russische Staatsbürger – darunter machtbewusste Oligarchen – auf Baden-Badener Territorium in Villen, Hotels und Schlösschen investiert.
Doch der Umschwung ist längst nicht mehr zu übersehen. Hochpreisige Edel-Immobilien werden kaum noch angeboten, und den schicken Boutiquen fehlen zunehmend Kunden, die für Handtaschen fünf- und für Uhren sechsstellige Beträge hinlegen.
Quelle/Autor: fra