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Die FDP fordert eine „echte Reform“ bei der Beamtenbesoldung
STUTTGART. Es ist ein sorgfältig austariertes Paket, und doch ist nicht sicher, ob es auf Dauer hält, was es verspricht. Mit einem 4-Säulen-Modell will das Land zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die Beamtenbesoldung soll der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angepasst werden. Gleichzeitig will man Geld sparen. Doch mittelfristig könnte die Inflation Baden-Württemberg einen Strich durch die Rechnung machen. Sie beträgt derzeit zehn Prozent und könnte weiter steigen.
Noch gibt das Finanzministerium Entwarnung: Sogar bei einer Inflation von zwölf Prozent sei der Mindestabstand von 15 Prozent zum Sozialhilfeniveau, eine der zentralen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, gewahrt. Außerdem seien die Beamtengehälter in den vergangenen 15 Jahren stärker als die Preise gestiegen. Dies sei der Maßstab, den das höchste deutsche Gericht anlege. Doch die FDP warnt bereits: Das Modell sei bei stark steigenden Preisen nicht zukunftsfähig. Denn einerseits startet zum 1. Januar das Bürgergeld; damit steigt das Sozialhilfeniveau um 53 Euro. Andererseits führt das 4-Säulen-Modell dazu, dass die Abstände innerhalb des Besoldungsgefüges schrumpfen, denn das Geld kommt vor allem Geringverdienern unter den Beamten zugute – und jenen, die viele Kinder haben. „Eine Wiederholung dieser Vorgehensweise ist nicht möglich“, sagte ihr finanzpolitischer Sprecher Stephen Brauer vergangene Woche im Landtag.
„Reform käme dem Land deutlich teurer zu stehen“
Brauer fordert eine echte Reform: „Wir brauchen gut bezahlte Beamte im öffentlichen Dienst, um dem Fachkräftemangel auch dort zu begegnen.“ Im gehobenen und höheren Dienst müsse der Abstand zu den Gehältern in der Wirtschaft verringert werden. Eine solche Reform käme dem Land jedoch deutlich teurer zu stehen als das 4-Säulen-Modell.
Die Speyerer Finanzwissenschaftlerin Gisela Färber hat bereits 2017 errechnet, dass eine Reform, die die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts umfassend berücksichtigt, also auch die Inflation, die Gehaltsentwicklung in der freien Wirtschaft und das Abstandsgebot innerhalb des Besoldungsgefüges, 2,9 Milliarden Euro kosten würde. Demgegenüber steht das 4-Säulen-Modell, das mit rund 200 Millionen Euro zu Buche schlägt. So viel kostet es das Land, die Ämter im mittleren Dienst anzuheben, die unteren zwei Erfahrungsstufen zu streichen, bei der Beihilfe großzügiger zu sein und den Zuschlag für das erste und zweite Kind zu erhöhen. Dazu kommen 439,6 Millionen Euro für die 2,8-prozentige Besoldungserhöhung sowie 73,1 Millionen Euro für dritte und weitere Kinder und 11,9 Millionen Euro für weitere dienst[1]rechtliche Änderungen. Macht zusammen 724,6 Millionen Euro. Gut möglich, dass Baden-Würt[1]temberg in nicht allzu ferner Zukunft nachsteuern muss.
In Hessen bekommen alle mehr Geld
Hessen geht einen anderen Weg. Statt vorwiegend die unteren Bezüge anzuheben, bekommen alle deutlich mehr Geld. Die Besoldung steigt bis zum 1. Januar 2024 um über zehn Prozent, wenn man die beiden Erhöhungen 2021 und 2022 mitrechnet. Unter anderem mit dem Argument, dass so das Abstandsgebot zwischen den Besoldungsgruppen eingehalten werden kann. 469 Millionen Euro gibt der Nachbar dafür aus. Das ist, pro Kopf gerechnet, mehr als der Südwesten, hat Hessen doch nur halb so viele Beamte und Pensionäre wie Baden-Württemberg.