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Bachelorarbeiten aus den Verwaltungshochschulen

Das Unterlassen einer dienstlichen Handlung kann strafrechtliche Folgen haben

Es empfiehlt sich, sich mit den möglichen strafrechtlichen Risiken des eigenen Amtes zu auseinanderzusetzen. Zwar enden die meisten Verfahren mit einer Geldstrafe, stellt Autor Joshua Süßmann fest, dennoch sollte es den Amträgern ein Anliegen sein, ein Verfahren zu verhindern.

Wer in der öffentlichen Verwaltung seinen dienstlichen Verpflichtungen nicht nachkommt, dem kann eine Geldstrafe drohen.

dpa/CHROMORANGE | Matthias Stolt)

LUDWIGSBURG. Dienstliche Handlungen können zu strafrechtlichen Konsequenzen führen. In erster Linie wird dabei jedoch an aktive Handlungen gedacht. Dass jedoch auch das Unterlassen einer dienstlichen Handlung strafrechtliche Folgen haben kann, tritt oftmals erst dann ins Bewusstsein, wenn eine Amtsträgerin oder ein Amtsträger wegen eines Unterlassungsdelikts verurteilt wird. In meiner Bachelorarbeit bin ich daher der Frage nachgegangen, welche strafrechtlichen Grundlagen das strafbare Unterlassen von Amtsträgerinnen und Amtsträgern bedingen und wie sich diese in bestimmten Fallgruppen niederschlagen. Das Hochwasser im Westen Deutschlands im Juli 2021 hat die Praxisrelevanz und Aktualität der Thematik leider erneut hervorgehoben.

Zum einen wurde in der Arbeit der Bereich der strafrechtlichen Verkehrssicherungspflicht untersucht. Die strafrechtliche Verkehrssicherungspflicht hat weitestgehend den gleichen Umfang wie die zivilrechtliche Verkehrssicherungspflicht, die für zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche relevant ist. Im Strafrecht stellt die Verkehrssicherungspflicht eine Ausformung der Überwachungsgarantenstellung dar. Die Verkehrssicherungspflicht richtet sich auf potenzielle Gefahrenquellen. Amtsträgerinnen und Amtsträger müssen die Gefahrenquellen, für die sie verantwortlich sind, ordnungsgemäß überwachen.

Des Weiteren müssen sie Zustände, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Schäden an einem Rechtsgut führen können, beseitigen oder kontrollieren. Kommen sie dieser Verpflichtung nicht nach, kann sich aus der Unterlassung eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung oder Tötung ergeben. Ein gutes Beispiel hierfür sind Löschwasserspeicher. Sind diese nicht entsprechend den geltenden Vorschriften abgesichert, ist dieser Zustand verkehrssicherungspflichtwidrig.

Beschützergarantenstellung

Zum anderen wurde das Nichteinschreiten gegen die Verletzung weiterer Rechtsgüter untersucht. Das können zum einen individuelle Rechtsgüter der Bürgerinnen und Bürger sein. Zum anderen können dies Allgemeingüter wie zum Beispiel der Umweltschutz sein. In beiden Fällen haben Amtsträgerinnen und Amtsträger in gewissen Grenzen eine Beschützergarantenstellung für das jeweilige Rechtsgut inne. Sie müssen daher die Rechtsgüter schützen, für die sie verantwortlich sind. Wie weit die Schutzpflicht reicht, ist in der Rechtswissenschaft umstritten. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zieht für die Schutzpflichten im Grundsatz jedoch einen recht weiten Rahmen. Daher sollte dieser auch in der Praxis berücksichtigt werden. So sind etwa die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Umweltverwaltungsbehörden dazu verpflichtet, gegen Umweltverschmutzungen in ihrem Zuständigkeitsbereich vorzugehen.

Es ist aus diesem Grund sehr empfehlenswert, sich mit den möglichen strafrechtlichen Risiken des eigenen Amtes zu auseinanderzusetzen. In Bezug auf die Verkehrssicherungspflicht bedeutet dies, die Gefahren im eigenen Zuständigkeitsbereich regelmäßig zu evaluieren, vorgeschriebene Prüfrhythmen einzuhalten und sich regelmäßig über Änderungen der einschlägigen Regelungswerke zu informieren. Gleiches empfiehlt sich grundsätzlich in den anderen behandelten Fallgruppen. Bei Gesetzesänderungen sollte stets hinterfragt werden, welche strafrechtlichen Verantwortlichkeiten sich daraus ergeben und welche bislang ergangenen Entscheidungen wie etwa Verwaltungsakte davon betroffen sein können.

Meist sind Geldstrafen die Folge

In aller Regel enden die Verfahren, die tatsächlich vor den Gerichten landen und mit einer Verurteilung enden, mit einer Geldstrafe. Eine Freiheitsstrafe ist im Fall der untersuchten Unterlassungsdelikte nur bei grob fahrlässigen oder sogar bedingt vorsätzlichen Unterlassungen zu erwarten. Dennoch ist es im Interesse der Amtsträgerinnen und Amtsträger, Gerichtsverfahren zu vermeiden. Die Gerichtsverfahren gehen nicht nur mit hohen Kosten einher, sondern sind auch mit einem immensen Stresspensum verbunden.

Zwar können auch durch eine sehr gute Prävention strafrechtliche Konsequenzen für Unterlassungen im beruflichen Alltag nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Die Risiken, die sich für die Amtsträgerinnen und Amtsträger ergeben, können jedoch auf ein Minimum reduziert werden. Für die Fälle, in denen Amtsträgerinnen und Amtsträger pflichtwidrig eine dienstliche Handlung unterlassen, kann ein strafrechtliches Restrisiko verbleiben.

Über den Autor

Joshua Süßmann kommt aus dem Hohenlohekreis. Im Februar 2022 hat er den B.A. Public Management an der Hochschule Ludwigsburg abgeschlossen. Seit dem Sommersemester 2022 studiert er Rechtswissenschaften in Würzburg.

Die Bachelorarbeit wurde von Prof. Dr. Sarah Bunk betreut. Frau Bunk ist Professorin für Zivilrecht, Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Zivilprozessrecht an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg.

„Die Idee zur Arbeit kam mir aufgrund eines Urteils des Amtsgerichts Schwalmstadt in Hessen. Das Gericht hatte im Februar 2020 einen hessischen Bürgermeister zu einer Geldstrafe in Höhe von 12.000 € verurteilt, nachdem drei Kinder in einem ehemaligen Löschwasserspeicher, beziehungsweise Teich ertrunken waren. Das Urteil fand in der Öffentlichkeit starken Widerhall. Dadurch kam mir die Idee, die Thematik in meiner Bachelorarbeit genauer zu beleuchten“, erzählt er.

Kontakt bei Rückfragen: joshua.suessmann@gmail.com

Quelle/Autor: Joshua Süßmann

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