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Nachholbedarf bei Gleichstellung im Land besonders groß
STUTTGART. Baden-Württembergs Nachholbedarf in Sachen Gleichstellung stand im Mittelpunkt der frauenpolitischen Debatte im Landtag anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März. „Frauen verdienen weniger als Männer, bekommen im Schnitt weniger Rente, Frauen machen mehr unbezahlte Arbeit in Haushalt und Familie, Frauen bleiben in den Parlamenten der Länder und im Bundestag in der Minderheit“, resümierte die Staatssekretärin Ute Leidig (Grüne) im mitzuständigen Sozialministerium.
SPD und FDP arbeiteten dazu heraus, dass die Ungleichbehandlung im Land weiterhin besonders groß sei. „Bundesweit“, so die Tübinger Sozialdemokratin Dorothea Kliche-Behnke, „liegt der Anteil von Frauen in Spitzenpositionen bei 24,7 Prozent, im Land bei 22,3.“ In der Justiz seien bundesweit 26,9 Prozent der Führungskräfte weiblich, im Land 16,6 Prozent. Und in der Verwaltung liege der Prozentsatz bundesweit bei gut elf, im Land lediglich bei knapp sieben Prozent. Wenn über Gleichstellung diskutiert werde, „müssen wir auch über konkrete Politik reden“ und über Versäumnisse im Land.
FDP kritisiert CDU
Für Alena Trauschel (FDP) liegt die Verantwortung dafür eindeutig bei der CDU, weil gleichstellungspolitische Fortschritte immer gegen die Union hätten erkämpft werden müssen. Sie erinnerte an deren früheren Bundestagsabgeordneten Wolfgang von Stetten, der in der Debatte um die Vergewaltigung in der Ehe erklärte habe, dass vergewaltigende Ehemänner ja lediglich „die Unlust der Partnerin überwinden und manche dabei eben etwas rabiater vorgehen würden“. Der heutige Bundesvorsitzende Friedrich Merz habe im Bundestag gegen die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe gestimmt. „Wenn das eine wertebasierte Politik ist, liebe CDU, dann sind diese Werte für die Tonne“, so Trauschel. CDU-Fraktionschef Manuel Hagel und sein Vize Thomas Blenke warfen ihr daraufhin in Zwischenrufen „Unverschämtheit“ vor. In die Debatte am Rednerpult mochte sich die Fraktionsspitze nicht einbringen.
Für Unruhe hatte zuvor auch Stefanie Seemann (Grüne) gesorgt, als sie die „lieben Männer“ aufforderte „ran an die Putzlappen, denn es wird Zeit“. Seemann wollte vor allem auf die Ungleichverteilung unbezahlter Sorgearbeit aufmerksam machen. „Männer mit Putzlappen sind heute selbstverständlich“, erklärte dagegen CDU-Generalsekretärin Isabel Huber, die weiße Rosen mit in den Plenarsaal gebracht hatte, um „für einen kurzen Moment“ der Frauen in der Ukraine zu gedenken. Huber verlangte gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit sowie eine faire Entlohnung in sozialen Berufen. Außerdem müsse „selbstverständlich sein, dass Frauen Führungspositionen in Wirtschaft, Gesellschaft und Staat bekleiden“.
Rüdiger Klos (AfD) nutzte die Gelegenheit, um auf die Benachteiligung von Männern hinzuweisen. Die meisten Menschen, die im Schulsystem versagen, seien Männer, „die früher sterben, die nur schwache soziale Bindungen haben, die im Gefängnis sitzen, die obdachlos sind, die Opfer von Gewalttaten werden, die Selbstmord begehen, und die in Kriegen sterben“. Gedenktage wie der Internationale Frauentag böten der Politik „sowohl die Möglichkeit der Reflexion eines bestimmten Themas als auch die Gelegenheit, zukünftige Visionen für eine gesellschaftliche Entwicklung aufzuzeigen“.
Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer