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Fakten zum Weihnachtsbaum: Auch Beamte verbreiteten den Brauch
FREIBURG/SÉÖESTAT. Für die einen liegt der Ursprung des Tannenbaums in uralten und heidnischen Bräuchen, für Wissenschaftler und Theologen ist der Brauch noch gar nicht so lange her, wie man meint, und komme aus dem kirchlichen Bereich, sagt der katholische Theologe Manfred Becker-Huberti.
Vor allem in der Oberrheinebene und im benachbarten Elsass soll es den Brauch vermutlich schon mehr als 500 Jahre geben. Exakte Quellen gibt es nach Ansicht von Becker-Huberti dafür aber nur ganz wenige.
Das elsässische Sélestat feiert 500 Jahre Weihnachtsbaum
„Im elsässischen Sélestat beispielsweise wurde in einem Rechnungsbuch der Tannenbaum erstmals im Jahr 1521 erwähnt“, sagt der katholische Theologe. Deshalb feiert die Kommune auch dieses Jahr das bekannteste Symbol des Weihnachtsfests neben den Adventskränzen mit einigen Veranstaltungen und einem Weihnachtsmarkt vor der Humanistischen Bibliothek.
Erfunden wurde der Tannenbaum laut Becker-Huberti aber nicht in der elsässischen Gemeinde, auch zuvor gab es schon Überlieferungen. „Es gibt noch einen weiteren Beleg, wonach im Jahr 1539 in Straßburg im Münster ein Weihnachtsbaum aufgestellt wurde“, sagt Becker-Huberti und ergänzt: „Bis zur Reformation stand der Baum ausschließlich in der Kirche“, erst danach zog er langsam in die privaten Familienfeiern ein, „was bei den Katholiken verpönt war“. Und auch für das Gerücht, wonach schon 1419 eine Bäckerschaft aus Freiburg einen Baum mit Früchten geschmückt habe, gibt es laut Becker-Huberti keine eindeutigen Quellen.
Ökumenisch sei die Tradition des Tannenbaum-Aufstellens erst um 1900 geworden, weiß der Theologe. Und auch der erste Adventskranz tauche erstmals schriftlich belegt im Jahr 1925 in einer Kölner Kirche auf „und ist damit kein uraltes Brauchtum, wie wir manchmal vermuten“, betont der Theologe.
„Man nimmt bis heute an, dass diese Tradition ihren Ursprung in kirchlichen und regionalen Bräuchen hat“, sagt Becker-Huberti. Sowohl in der Oberrheinebene wie auch an mehreren Fürstensitzen in Deutschland findet der Brauch Erwähnung. So sei der erste kerzengeschmückte Tannenbaum aus dem Jahr 1611 überliefert und zwar im Schloss der schlesischen Herzogin Dorothea Sybille. „Und im 18. Jahrhundert verbreitete sich der Brauch zunehmend bei hohen Beamten und wohlhabenden Bürgern“, sagt Becker-Huberti, zumal in dieser Zeit Tannenbäume eher knapp und nicht ganz billig waren.
Der junge Werther schwärmte vom geschmückten Baum
Eine der ersten literarischen Erwähnungen des Weihnachtsbaums stammt aus dem Jahr 1774 in Johann Wolfgang von Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werther”. Dort lässt Deutschlands großer Dichter seinen Romanhelden an einem Sonntag vor Weihnachten von einem mit Wachslichtern, Zuckerwerk und Äpfeln geschmückten Baum entzücken. Und es musste ein immergrüner Baum sein in der dunklen Jahreszeit. In Betracht kamen somit nur Tanne, Fichte, Ilex, Kiefer oder Buchs. „Die angebrachten Früchte, meist rote Äpfel, hingen nie an einem abgelaubten Baum“, sagt der 76-jährige Theologe Becker-Huberti.
Der inhaltliche Ursprung liegt nach Ansicht des Theologen im Baum der Erkenntnis und beginnt im späten Mittelalter mit der Erinnerung an die Geschichte von Adam und Eva, derer man vor der Christmette am 24. Dezember mit einem „Paradiesspiel“ gedachte. Das anschließende Krippenspiel deutete dann auf die Geburt des Erlösers hin. „So stehen Erbsünde und Erlösung ganz dicht beieinander“, sagt der Theologe.
Vermutlich im Jahr 1832 brachte ein deutschstämmiger Harvard-Professor den Weihnachtsbaum und damit den Brauch nach Nordamerika. Und den ersten Christbaum im Vatikan führte erst Papst Johannes Paul II. ein im Jahr 1982, als dort erstmals auf dem Petersplatz in Rom ein Weihnachtsbaum aufgestellt wurde.
Vorläufer von Lied „O Tannenbaum“ aus dem Jahr 1615
Im elsässischen Sélestat feiert die Kommune dieses Jahr die erste schriftliche Erwähnung ihres Tannenbaums vor 500 Jahren. Dort wird auch das Rechnungsbuch, in dem sich der Beleg dafür findet, in einer Ausstellung bis 30. Dezember in der Humanistischen Bibliothek zu sehen sein. Aus dieser Zeit stammen auch die Ursprünge des beliebten Weihnachtsliedes „O Tannenbaum“, das im Jahr 1615 erstmals zitiert wurde.
Der Prediger August Zarnack schrieb in Anlehnung an diese Vorlage das Lied im Jahr 1819. Zum Weihnachtslied wurde es, nachdem der Leipziger Lehrer Ernst Anschütz 1824 die erste Strophe beibehielt und die restlichen drei durch zwei andere ersetzte.