Debatten im Landtag vom 20. und 21. Oktober 2021

Anonyme Kennzeichnungspflicht für Polizisten bleibt umstritten

Innenstaatssekretär Winfried Klenk (CDU) hat abermals verteidigt, dass Baden-Württembergs Polizei bei Großeinsätzen künftig anonym gekennzeichnet werden soll. "Das gibt es bereits in zehn von 16 Ländern, eingeführt mit Beteiligung aller Parteien: SPD, GRÜNE, FDP, CDU", so Klenk, der nicht nur die Vorwürfe der AfD zurückwies, sondern auch die Kritik der FDP-Fraktion.

STUTTGART. Innenstaatssekretär Winfried Klenk (CDU) hat abermals verteidigt, dass Baden-Württembergs Polizei bei Großeinsätzen künftig anonym gekennzeichnet werden soll. „Das gibt es bereits in zehn von 16 Ländern, eingeführt mit Beteiligung aller Parteien: SPD, GRÜNE, FDP, CDU“, so Klenk, der nicht nur die Vorwürfe der AfD zurückwies, sondern auch die Kritik der FDP-Fraktion.

„Liebe Frau Goll“, sprach Klenk die Waiblinger FDP-Abgeordnete Julia Goll, Ehefrau des frühere Justizministers Ulrich Goll direkt an, „ich habe mal das Wahlprogramm der Bundes-FDP gelesen, und da fordern sie das.“  Polizisten hätten einen „hervorragenden Ruf“ in Baden-Württemberg und den gelte es zu bewahren und auszubauen: „So haben sich Bündnis 90/Die Grünen und die CDU m Rahmen der Koalitionsverhandlungen auf die Einführung einer anonymisierten Kennzeichnungspflicht ausschließlich für geschlossene Einheiten der Polizei, die in Großlagen eingesetzt werden, verständigt“, sagte Klenk.

Zum Auftakt der Debatte auf Basis eines Antrags der AfD-Fraktion forderte Daniel Lindenschmid die CDU auf, sich im stillen Kämmerlein zu fragen, „warum Ihre Partei von Wahl zu Wahl verliert, warum ehemalige Stammwähler zur AfD abgewandert sind und Sie jetzt höchstwahrscheinlich nicht einmal mehr der nächsten Bundesregierung angehören werden“. Das komme „vielleicht auch daher, dass Ihre Parteioberen jeden Rest innenpolitischer Vernunft für ein paar Ministerpöstchen am Katzentisch der Grünen opfern“. Eine individuelle Kennzeichnung steigere die Möglichkeiten von Verleumdungen einzelner Polizisten erheblich, „insofern ist uns nicht ersichtlich, inwieweit eine Kennzeichnungspflicht hilfreich sein soll“.

CDU verweist auf positive Erfahrung in anderen Bundesländern

Für die CDU beklagte der Schorndorfer Kriminalhauptkommissar Christian Gehring, dass Unterstützung für die Polizei nicht gelinge „durch das Nennen von irgendwelchen vermeintlichen Aufregern hier im Parlament, die Sie seitens der AfD und auch seitens Kollegen der FDP immer wieder mantraartig aufsagen, die aber nicht einmal das Potenzial für einen kleinen Anstieg des Blutdrucks haben“. Gerade das Argument, dass aufgrund einer anonymisierten Kennzeichnung  Polizisten mit einer Vielzahl von Strafanzeigen überzogen werden könnten, habe sich durch den Blick in andere Bundesländer als Luftnummer herausgestellt.

Julia Goll warf Gehring vor, sich von den Polizisten auf der Straße verabschiedet und entfernt haben. Denn dort würden die Pläne „ganz überwiegend als Misstrauensvotum verstanden“. Da seien sehr viele, sehr heftige und sehr deftige Worte gefallen, „die ich jetzt hier auf keinen Fall wiederholen möchte, denn da würde ja sogar ich rot werden“.

SPD bemängelt ein Fehlen von Innenminister Thomas Strobl

Die Kennzeichnungspflicht sei nichts anders als „das Überlebensprogramm des Innenministers“, so Sascha Binder (SPD), der auch das Fehlen von Thomas Strobl während der Debatte kritisierte: „Dass er gerade mehr mit seinem eigenen Überlebensprogramm zu tun hat, statt sich hier im Parlament als Innenminister den Herausforderungen der Polizei zu stellen, nehmen wir zur Kenntnis.“

Der Innenexperte der Grünen Oliver Hildenbrand erläuterte das Leitbild seiner Fraktion. Die Grünen schauten „sowohl auf die Menschen, die bei der Polizei arbeiten, als auch auf diejenigen, die von der Polizeiarbeit direkt betroffen sind, deshalb setzen wir uns für eine personell und technisch gut ausgestattete Polizei ein, die rechtsstaatlich und transparent handelt„. Und er erinnerte an den Polizeieinsatz vom 30.September 2010 rund um Stuttgart 21 im Schossgarten der Landeshauptstadt. Fakt sei, „dass damals über 150 Verfahren gegen Polizistinnen und Polizisten eingestellt, da diese nicht identifiziert werden konnten“.

Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

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20. und 21. Oktober 2021