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50 Jahre Kreisreform

Regionalverbände bestimmen das Aussehen des Landes mit

Mit der Kreisreform in den 70er-Jahren führte die Landesregierung eine weitere Verwaltungsebene ein. Hierbei war auch die Regionalplanung Thema - kurzum: es geht um Konfliktvermeidung.
Die Iller mündet hier an der Illerspitze bei Neu-Ulm in die Donau

Elf Regionalverbände sah ihr Gesetz von 1972 vor, ein weiterer, Donau-Iller, wurde durch einen Staatsvertrag mit Bayern 1973 länderübergreifend eingerichtet.

dpa/ CHROMORANGE | Werner Thoma)

STUTTGART. Als die Landespolitik vor über 50 Jahren neue Zuschnitte der Landkreise diskutierte, ging es auch um höhere Ziele – zumindest, was die Verwaltungsebene anging. Bei der Kreisreform, die vor 50 Jahren aus 63 Einheiten die bis heute gültigen 35 Landkreise schuf, war auch die Regionalplanung Thema.

Grob gesagt bestimmt die Regionalplanung, dass eine Kommune an ihrer Gemarkungsgrenze keinen Schweinemastbetrieb plant, während die Nachbargemeinde jenseits der Grenze ein Sanatorium vorsieht – es geht also um Siedlung und Freiräume sowie um die Standorte und Trassen der Infrastruktur, kurz: um Konfliktvermeidung.

Ursprünglich 20 Verbünde für die Regionalplanung

Wie diese Anforderungen überörtlich zu planen seien, darüber hatten sich zum Zeitpunkt der Reform schon 20 privatrechtlich organisierte Verbünde Gedanken gemacht. Das Denkmodell des Stuttgarter Innenministeriums, das 1969 die Diskussionsgrundlage für die Kreisreform schuf, brachte die Defizite dieser Verbünde auf den Punkt. Die Ausarbeitung bemängelte nebeneinanderher laufende Planungen, weil die Planungsräume zu klein seien. Gemeinden hatten sich Vetorechte vorbehalten, weil sie sonst diesem Verbund gar nicht beigetreten wären.

Die Denkschrift wollte das ändern und nennt zehn bis zwölf Gebiete für die Regionalplanung als optimale Lösung. Dennoch sollten die geplanten 25 Kreise die Regionalplanung übernehmen, quasi als Kompromiss, weil sie hinreichend groß wären und Verwaltungshandeln so in einer Hand läge.

Regionalverbände als neue Verwaltungsebene lehnte das Denkmodell daher ab. Während Kreistage direkt gewählt werden, mangele es der Verbandsversammlung an Legitimität. Deren Mitglieder wären aus den Kreistagen nur abgeordnet.

Die Große Koalition unter Ministerpräsident Hans Filbinger (CDU) ging aber einen anderen Weg. Elf Regionalverbände sah ihr Gesetz von 1972 vor, ein weiterer, Donau-Iller, wurde durch einen Staatsvertrag mit Bayern 1973 länderübergreifend eingerichtet. Das sollte nicht die einzige grenzüberschreitende Zuständigkeit bleiben. Seit 2005 umfasst der Regionalverband Rhein-Neckar sogar Gebiete in zwei Ländern: Rheinland-Pfalz und Hessen.

Drei Verbände in jeweils einem Regierungsbezirk

Damit schuf das Land eine extra Verwaltungsebene zur Regionalplanung. Die Verbände sind durch Versammlung, Vorsitzenden und Verwaltung organisiert. Drei Verbände sind jeweils in einem der vier Regierungsbezirke zusammengefasst. Die Bevölkerung schwankt stark, die Region Ostwürttemberg zählt 447 000, die Region Stuttgart knapp 2,8 Millionen Menschen.

Die Region der Landeshauptstadt nimmt übrigens eine Sonderstellung im Zwölfer-Reigen der Regionen ein. Sie hat zusätzliche Aufgaben wie die regionale ÖPNV-Planung (insbesondere die S-Bahn), regionale Wirtschaftsförderung und Tourismus. Und sie hat seit 1994 eine stets bei den Kommunalwahlen direkt mitgewählte Regionalversammlung – was Ende der 1960er den Autoren der Denkschrift sicher gefallen hätte.

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