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Betriebliches Prozessmanagement

Der Blick auf Prozesse ersetzt die Hierarchien im Unternehmen

Klassisch sind Unternehmen in Bereiche und Abteilungen gegliedert und die Belegschaft wird anhand eines hierarchischen Organigramms eingeordnet. Doch es gibt auch andere Ansätze, einen Betrieb zu verstehen und zu organisieren. Wer Geschäftsprozessmanagement konsequent umsetzt, der denkt in Abläufen und kann viel flexibler agieren.

Die Einführung und Umsetzung von Geschäftsprozessmanagement in Unternehmen vergleicht Unternehmensberaterin Sonja Brand mit einer Rafting-Tour.

IMAGO/Matrix Images)

Oberkirch. „Es war ein erheblicher Aufwand, aber es hat sich ausgezahlt“, berichtet Roland Zeifang, Geschäftsführer der Ruch Novaplast in Oberkirch in der Ortenau. Das mittelständische Unternehmen mit rund 400 Beschäftigten ist spezialisiert auf Teile aus Kunststoff-Partikelschäumen und bedient unterschiedliche Branchen, wie Medizintechnik oder Fahrzeugbau. „Durch Veränderungen am Markt waren wir mehrfach gezwungen, uns ganz neu aufzustellen und uns entsprechend anzupassen“, berichtet der Manager. Anstatt wie früher wenige große Kunden mit Standardprodukten zu beliefern, setzt das Unternehmen heute eine Vielzahl kleinerer Projekte mit individuellen Anforderungen um. „Pro Arbeitstag starten wir im Schnitt zwei neue Kundenprojekte. Das würden wir in der nötigen Qualität gar nicht hinbekommen, wenn wir bei uns nicht ganz konsequent und umfassend Business Process Management eingeführt hätten“, sagt Zeifang.

Unternehmen als vernetzte Struktur betrachten

Geschäftsprozessmanagement, auf Englisch Business Process Management genannt und oft BPM abgekürzt, kann Effizienz, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen beflügeln. Im Kern geht es darum, Abläufe und Prozesse innerhalb eines Unternehmens so zu steuern, dass sie reibungslos und effektiv funktionieren. „Wir haben dazu mit Unterstützung von Beratern zunächst einmal alle Prozesse im Unternehmen identifiziert und nach gewissen Standards dokumentiert und beschrieben“, erinnert sich Zeifang. Das habe für zwei bis drei Jahre einen Großteil der freien Ressourcen im Betrieb absorbiert. Und bis alles rund gelaufen habe es acht Jahre gedauert.

Viele kleine und mittlere Unternehmen würden nicht allzu viel über konsequentes BPM nachdenken, weil dies oft als „etwas für die Großen“ angesehen werde, erklärt Sonja Brand, BPM-Expertin beim Beratungshaus Rödl & Partner. Dabei sei dieser Ansatz überall sinnvoll einzusetzen.

Zertifizierungen lassen sich schneller umsetzen

Im Unterschied zu anderen Organisationsformen, bei denen das Denken in Abteilungen und Hierarchien dominiert, betrachtet BPM das Unternehmen eher als vernetzte Struktur. Dabei muss jeder Einzelne seine Rolle kennen und zudem verstehen, inwiefern seine Arbeit zum Unternehmenserfolg beiträgt. Brand vergleicht das mit einer Rafting-Tour: „Die Geschäftsführung sitzt im Boot und führt das Team durch Stromschnellen, idealerweise mit erfahrenen Leuten an Bord, die wissen, was auf sie zukommt. Aber ohne ein eingespieltes Team ist der Erfolg gefährdet.“

Die Vorteile des Ansatzes liegen auf der Hand: Zum einen schafft BPM Transparenz. Indem ein Unternehmen seine Prozesse durchleuchtet, erhält es Klarheit über das eigene Funktionieren – ein Vorteil, der sich sowohl in Kostenersparnis als auch in Effizienzsteigerungen niederschlagen kann. Zu anderen wird es durch BPM möglich, Prozesse standardisiert und wiederholbar zu gestalten. Das macht Unternehmen in der Regel flexibler, schneller und anpassungsfähiger in einem sich stetig verändernden Marktumfeld.

Umstellung war nicht für alle Mitarbeiter leicht

„Wir profitieren heute enorm von der Umstellung auf BPM“, so Zeifangs Fazit. Die Digitalisierung von Abläufen sei nun sehr einfach, weil bereits vorab ganz klar sei, wie die Dinge laufen und wer wann von wem welche Infos benötigt. Auch Zertifizierungen aller Art seien nun meist kein großer Aufwand mehr für den Betrieb, denn die nötige Prozessdokumentation ist ja bereits erfolgt.

Die Umstellung sei nicht für alle Mitarbeiter leicht gewesen, erinnert sich Zeifang. Man habe die Belegschaft auch nicht von vornherein über das gesamte Ausmaß der Veränderungen informiert, um nicht unnötig Sorgen und Ablehnung zu schüren. „Wir mussten viele Gespräche führen, manche Mitarbeiter haben intern neue Aufgaben übernommen, manche haben uns auch verlassen“, so der Geschäftsführer. Bereut habe er den Schritt nie, sagt er. „Aber ich würde die Umstellung in kleinere Pakete aufteilen, wenn ich es nochmals machen würde.“

Kommunikation mit den Mitarbeitern ist wichtig für Erfolg

Als Schlüssel für eine erfolgreiche Einführung von Business Process Management gelten insbesondere eine gelungene Kommunikation mit den Mitarbeitern. Diese müssen für die Veränderung gewonnen werden, die Vorteile deutlich macht und die Umstellung der Denk- und Arbeitsweise erklärt werden. Auch eine gute Planung und die Bereitstellung des nötigen Know-hows, sei es durch externe Berater oder durch Schulung der eigenen Mitarbeiter sind wichtig. Eine gründliche und bedachte Auswahl der Berater zahlt sich aus.

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