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Oberbürgermeister Cohn tritt nach Konflikten nicht mehr an
Leonberg. Ganz unerwartet kam die Entscheidung nicht. Vergangenen Freitag gab der Oberbürgermeister von Leonberg Martin Georg Cohn (SPD) in einer persönlichen Erklärung auf der Internetseite der Stadt bekannt, dass er im kommenden Jahr nicht erneut als Oberbürgermeister in Leonberg kandidieren will. In seiner Erklärung schrieb er: „Insbesondere Vertrauen ist in der politischen Arbeit entscheidend, sowohl im Verhältnis zu den Bürgerinnen und Bürgern als auch zu den politischen Parteien und Gruppierungen. Dieses notwendige Band des Vertrauens spüre ich jedoch nicht mehr in der von mir gewünschten Stärke.“ Zuletzt hatte er den Einzug in den Kreistag verfehlt.
CDU für Neuanfang, SPD enttäuscht von Parteifreund
Die Sozialdemokraten hatten sich bereits enttäuscht von ihrem Parteifreund gezeigt. „Ich selbst, die Mehrheit in der Fraktion und in der Führung im Ortsverein der SPD werden den Amtsinhaber nicht unterstützen“, hatte der Fraktionschef der SPD im Gemeinderat, Ottmar Pfitzenmaier, Ende August in einem Interview mit den Stuttgarter Nachrichten gesagt. Der CDU-Fraktionschef und Chef des CDU-Stadtverbands, Oliver Zander, ging sogar noch einen Schritt weiter: Es habe sich Stück für Stück gezeigt, dass die Agenda des Oberbürgermeisters nicht Leonberg heiße, sondern Cohn. „Deshalb sollte er abtreten, das wäre die beste Lösung für Leonberg“, sagte Zander in einem Interview.
Doch wie kam es zu diesem tiefgehenden Zerwürfnis? Am Anfang ließ sich die Zusammenarbeit zwischen dem neuen Oberbürgermeister, dem Gemeinderat und den Bürgern gut an. Cohn, der zuvor Bürgermeister von Rudersberg (Rems-Murr-Kreis) war, hatte sich im ersten Wahlgang gegen mehrere Bewerber aus Leonberg durchgesetzt. Er war unter anderem angetreten, Lösungen für die Verkehrssituation in der Stadt zu finden, in der bei Stau auf der Autobahn nichts mehr geht, und hatte mit der „Stadt für Morgen“ gemeinsam mit dem Gemeinderat und Bürgerbeteiligung ein großes Projekt zur Umgestaltung der Stadt und mehr Lebensqualität und Platz für Fußgänger und Radfahrer begonnen. Doch spätestens seit dem Jahr 2022 gibt es Zoff in der Stadtverwaltung. Damals hatte seine Stellvertreterin und Erste Bürgermeisterin Josefa Schmid (FDP), die inzwischen von Hohenzollern heißt, den Oberbürgermeister angezeigt.
Er soll zu schnell gefahren sein und dann angeblich versucht haben, Einfluss auf das Bußgeldverfahren zu nehmen. Cohn widersprach der Darstellung und zeigte seine Erste Bürgermeisterin an. Die Verfahren sind noch anhängig.
Zerrüttetes Verhältnis zu Erster Bürgermeisterin
Die Situation zwischen beiden wurde immer schwieriger. Vor mehr als einem Jahr hatte Cohn seine Stellvertreterin vom Dienst suspendiert. Es war die Rede von einem eklatanten Vertrauensverlust und einer schwerwiegenden Verletzung der Dienstpflichten. Das muss das Regierungspräsidiums Stuttgart prüfen.
Auch die Beziehungen zum Gemeinderat verschlechterten sich, nicht zuletzt nach der Veröffentlichung des Buchs „Vetternwirtschaft“. Darin sprach Cohn davon, dass Mitglieder des Gemeinderats durch die Mandate Vorteile bei Auftragsvergaben hätten. Einige Wochen später veröffentlichte dann die Bild-Zeitung, dass Cohn selbst einen hohen Rabatt beim Kauf eines Luxussportwagens erhalten habe. Es ging laut Medienbericht um fast 88 000 Euro. Cohn hatte seinerzeit betont, dass es zwischen der Stadt und der Autofirma keinerlei geschäftliche Kontakte gebe. Auch den Urlaub während der Haushaltsberatungen Ende 2023 nahm der Gemeinderat dem OB übel. Der Haushalt ging schließlich knapp im Gemeinderat durch.
Die Situation wurde für Außenstehende im April dann immer absurder: Ex-Freundinnen Cohns wandten sich dann per Schreiben an verschiedene Fraktionen und erhoben Vorwürfe gegen den OB. Cohn hatte den Medien gegenüber von unwahren und ehrenrührigen Behauptungen gesprochen.
Bereits zuvor hatten Stadträte an Regierungspräsidium und Staatsanwaltschaft appelliert, dringend für Klarheit in der verfahrenen Situation zwischen Cohn und der Ersten Bürgermeisterin zu sorgen. Inzwischen sind etliche Räte und Bürger der Ansicht, dass die Stadt einen kompletten Neuanfang braucht, ohne Cohn und ohne die erste Bürgermeisterin.
Projekt Stadt für Morgen
Es ist ein großes Projekt, das unter Oberbürgermeister Martin Georg Cohn in Leonberg gestartet wurde: die Stadt für Morgen . Das Ziel: Fuß- und Radverkehr soll mehr Raum in der Stadt bekommen. Die Stadt soll grüner werden und damit auch besser für heiße Sommer gerüstet sein und sie soll lebenswerter werden und mehr Aufenthaltsqualität bekommen. Denn gerade zwischen Altstadt und Stadtzentrum führt derzeit eine zum Teil vierspurige Straße durch Leonberg.